Ausgewandert nach Argentina + Tips für die Einwanderung

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spassmusssein
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Ausgewandert nach Argentina + Tips für die Einwanderung

Beitrag: # 11846Beitrag spassmusssein »

Die Gründe, sein "Vater-Land" zu verlassen mögen so vielscheibig wie banal sein - irgendetwas zwischen "Dir" und "dort" ist nicht mehr kompatibel.
Als reiseunwillig- und unerfahrener Mensch der ich früher stets war, diesen Sprung zu wagen ist relativ spannend, ich kann aus dem Lebensglück, welches ich heute täglich empfinde nur Mut zusprechen...allerdings sei dieser mit finanziellen Rücklagen, professioneller Erfahrung (Beruf o.Ä), geistiger Reife und jeder Menge Glück begleitet. Eine begleitende Familie kann Katalysator wie Hemmschuh oder beides sein.
Vor zehn Jahren sprach ich keinen Ton spanisch und meine internationale Erfahrung befand sich unerheblich über dem Faktor "null" :(
Eine Einladung zu einer Segelreise entlang der Küste nach einem langen Flug riss mich nicht nur aus meinem beruflichen Alltags-stress-trott-authismus sondern legte den Grund meines heutigen Lebens in Argentinien. (Ich übte und übe den Bauberuf unternehmerisch aus, was man irgendwie überall sinnhaft einsetzen kann, selbst im Lebensgang...)
Nicht nur Land sondern gerade Leute begeisterten mich vom ersten Tag, allerdings kam ich mit relativ perefektem Englisch stets nur "Gringo!" zu hören und dies war nicht wirklich freundlich gemeint :(
Wörterbuch gekauft und Englisch "beendet" - mit dem simplen Radebrechen einiger palabras war ich zuminnerst kein "Gringo" mehr und die Damen reagierten auch durchaus aufgeschlossen, wenn ich mein "welsch" zu "kaudern" begann um nach Strasse, Uhrzeit oder Cafehaus zu fragen (bin glücklich geschieden...b.th.w.).
Weitere Sprachkenntnisse versuchte ich mir mit Zeitungslektüre in den Schädel zu werfen, zusammen mit Wörterbuch ein machbar-, wenngleich mühsames Beginnen.
Zwei Eindrücke blieben, zurück in D: "Da muss ich wieder hin + ohne Sprache geht das nit!"
Dank dem grossen Chef über uns Allen fand ich eine hervorragende Spanischlehrerin, welche mich für die dann folgenden Reisen in diverse Länder "hier" (Dom.Rep., Cuba, Venezuela und Panama) jeweils bestmöglich vorbereitete.
Im freundlichen 2002 wollte ich mir letztlich Uruguay als sichere und stabile "Schweiz Südamerikas" ansehen...(in der Tat wechseln sich alle Paar Jahre die selbsternanten Schweize ab, mal Costa Rica, dann Panama dann Uruguay dann...).
Eine mir virtuell befreundete Familie in Argentinien lud mich dann privat für eine Woche in ihr kleines, bescheidenes und blitzsauberes Vorstadthaus ein und so fuhren wir zusammen...allmorgendlich um 5.00 mit Bus und Vorstadtzug nach Buenos Aires...bereits am zweiten Tag, die wundervolle Weltstadtmetropole begehend, war ich mehr als begeistert, nahezu verliebt.
Mehr im Beiprogramm sah ich mir etwas Uruguay an, nahm die bereits organisierten Beratungstermine, war aber Herz und Geist waren bereits in BA festgezurrt. (Einige wilde Nächte in Montevideo sollte man dennoch nicht missen;) )
Da ich keinerlei Beratungskontakte hier hatte, half mir (und dort war stets ein hervorragendes Backup bei jedweder Frage) www.ibero-amerikaverein.de sofort mit Anwalts- und Beraterliste aus und so erhielt ich in kürzester Zeit die beste Grundlage und die ersten Kontakte.
Ich flog insgesamt weitere dreimal hierher um meine Faszination am Spiegel der Realität zu prüfen.
Da mir kein Mensch ohne "garantia (= Bürge mit immobilem Eigentum) - ein Büro vermieten wollte (ich hatte ja noch meinen "Laden" in Ex-spassi-land) kaufte ich mir ein schrottreifes Büro allerdings in bester Lage der Stadt.
Immobilienkauf ist in ARG für Fremde relativ einfach, mit Nachweis einer Wohnanschrift erhält man in ca. 2 Stunden eine "CDI" (codigo individal de impuestos) und schon...(ist man in die Falle gegangen, da natürlich auch hier Steuererklärungen selbst bei "null" gemacht werden müssen)...kann man Eigentum erwerben.
Ich hatte eine junge Studentin als Sekretärin auf Stundenbasis verpflichtet, die mir viele Wege erleichterte und auch natürlich "muchisima gente" kannte die "mein Büro" renovieren sollten (es herrscht eine der vielen Krisen und somit war Arbeit rar).
Aus "deutscher Tradition" wollte ich am ersten Bautag im Arbeitsdress und mit Bohrhammer bewaffnet die Reno beginnen...die angstvollen Augen der Bauleutchen ("...wenn jefe mitarbeiten muss, kann der doch NIE zahlen..."
belehrten mich eines Besseren...jefe sorgt seither (und dies seit fünf Jahren) für Brotzeit, gelegentliches Bier und Asado und einenguten Lohn aber der "Blaumann" bleibt in "D".
Vom ersten Tage an begeisterte mich die Koordination und Effizienz "meines" kleinen Bauteams (latürnich keine gebürtigen "Archies", kleiner Randscherz...). In "D" hatte ich stets mit weit mehr Schwund, Fragen, Probs und selbsterschaffene Probs zu kämpfen. In Rekordzeit stand mein Büro und ich begann, den Immo-Markt in den Zeitungen zu recherchieren, besichtigte täglich 5 - 10 Departements und fand so schnell "den Markt" in einer mir bis dato fernen Stadt. Nebenzu hier ein Riesenlob an meine damalige und erstrecht die heutige Studenten-Sekretärin, ohne die ich wahrscheinlich nie den grossen Sprung geschafft hätte.
Nach dem ersten Büro kam das erste Appartement, da ich in der Krise einer der sehr wenigen "Käufer" war, wurde ich rasch wie der bunte Hund bekannt und traf auch glückhaft die richtigen Makler, die noch heute meine Freunde und Berater sind.
Details der "Residenz" und "Einbürgerung" hier tue ich gerne kund, man muss dazu sehen dass Argentina ein reines Einwanderungsland ist (Roca hat die Eingeborenen recht effektiv ausradiert :( ) somit sind viele Schritte weit einfacher und schneller möglich als anderswo.
Zuletzt geändert von spassmusssein am So Mai 13, 2007 10:12 pm, insgesamt 1-mal geändert.
spassmusssein
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Wie wandere ich nach Argentinien ein?

Beitrag: # 11856Beitrag spassmusssein »

Ich nehme mir die Unfreiheit, meinen thread einfach mit sinngriffigen Infos weiterzuspinnen, wie man hier beginnen kann.
Vorausgesetzt Du hast die Entscheidung gefasst, nach Argentinien zu gehen, Dir Land und Zielort ausreichend beschnüffelt sollte die erste Vorbereitung in D erfolgen.
Es gilt sich Geburtsurkunde (international = hat auch spanische Übersetzung = spart Übersetzer) bei der Gemeinde/Stadtverwaltung etc. zu besorgen BEGLAUBIGT (machen die dierekt gegen "Aufpreis"). Diese Urkunde mit APOSTILLE überbeglaubigen lassen (in der Gemeinde fragen, wer dies am nächsten/einfachsten/schnellsten tun tut.
Führungszeugnis bei der Gemeinde/... beantragen und zwar mit BEGLAUBIGUNG UND APOSTILLE (kostet unfreundliche 3 mal 13 Oere = 39). Üblicherweise muss man nach ca. 6 Wochen dieses zeugnis abholen, mit Glückglückglück schickt es einem der freundliche Generalbundesanwalt direkt zu (brieflich beantragen, 39€ in Scheck beilegen und...warten). Dieses FZ von anerkanntem Übersetzer...na ebent übersetzen lassen.
Falls Du glücklich geschieden bist, Scheidungsurteil (beglaubigt UND apustilliert) besorgen und von amtlich anerkanntem Übersetzer übersetzen lassen (viiiieeeel billiger in Argentina machen lassen!!!)
...meanwhile in the jungle...will heissen Du hast drei Möglichkeiten in Arg. die Residenz d.h. den Daueraufenthalt zu bekommen.
Du beantragst bei einer Deiner Vorbereitungsreisen in Arg. Deine CDI (individuelle Steuernummer..jajaja auch hier geht nix ohne Fiskus..naja wenig zuminnerst).
Denne
a.) einfachst und billigst: hastDu Bekannte mit einer Firma (Autonomo, s.r.l. = GmbH, S.A. = AG) die Dir vertrauen. Sie bescheinigen Dir in einem freundlichen Brief an die Einwanderungsbehörde Deine dringende Notwendigkeit, für Firma und Argentinien, hier zu arbeiten.
Hinzu wird FZ und Geburtsurkunde benötigt.
Wird dies gutgeheissen (= permiso de ingreso), stellt Dir diese Firma ein NUR VON DER FIRMA gezeichneten Arbeitsvertrag aus, unterschrieben vor einem Notar und in einen Umschlag verschlossen zusammen mit der permiso.
Umschlag ZU LASSEN!
Zurück nach Deutschland und Termin für Visum im zuständigen Konsulat (hängt von Deinem Wohnort ab) beantragen.
Vor den Konsul unterschreibst Du (der derf den Umschlag aufmachen ;) )Deinen Vertrag der natürlich wieder in einen Umschlag kommt.
Umschlag ZU LASSEN!
Auch den zweiten Umschlag, den Dir das Konsulat mitgibt ZU LASSEN!
Der freundliche Konsul drückt Dir das Visum in den Reisepass.
Rückflug nach Argentinien.
KEINEN der Umschläge bei der Einreise abgeben! Kostet sonst viel Zeit und 150Ps diesen wiederzukriegen :(
Da Du nun erstmals MIT VISUM einreist, ist der Einreisestempel, den Du erhältst dein künftiger Geburtstag! (Jedes der drei ersten Jahre an diesem Tag verfällt dein Visum, wenn du es nicht rechtzeitig verlängert hast).
Nun angekommen gehst Du in die Migracionsbehörde mit
Pass - Geburtsurkunde - Führungszeugnis
und erhältst nach einiger Zeit Deine DNI (Documento de Identitad Nacional) dieses muss zweimal verlängert werden im dritten Jahr beantragst Du "Wechsel der Rubrik" in die Daueraufenthaltsgenehmigung, wie das geht...det kriege mer spääder...
b.) komplizierter und teuriger: Du gründest eine Firma in Arg.
Probs: kanst Du nit alleine, musst mit zuminnerst 5% einen "Socio" aus dem Lande beteiligen (1-Mann s.r.l. gibbesnit!) UND Du tust einen argentinischen "Director"/"Gerente" brauchen...hmmm naja geht aber nich anners.
Mindestkapital s.r.l. 10.000.--Ps, müssen (wie in "D") eingezahlt werden (=Notar) danach kannst Du davon die Gründungskosten (Notar, Vertrag, Büro...) bezahlen.
Diese Firma nach der Eintragung (6-8 Wochen) beantragt Deine dringende Notwendigkeit für die Firma und Argentinien, hier zu arbeiten (weitergehts siehe oben unter a.).
Schwierigkeit ist, dass diese Firma jedesmal bei der Verlängerung Deiner Genehmigung alle Steuernachweise des laufenden Geschäftes und deiner Gehaltszahlung vorlegen muss. Eine "Scheinfirma" ist somit unsinnig und zu teuer aber ohnehin willste ja von etwas leben.
c.) Du investierst mindestens 135.000.--Ps im Land.
Naja wer hat der hat, Genehmigung ist ein Würfelspiel, wenn Du mal schnell 135 "lucas" über den Teich schickst fangen viele Fragen an und die Zentralbank hier behält ohnehin für ein Jahr 30% ein (derzeitiges Schwachmatengesetz) um "kurzfristige Spekulanten" abzuhalten.

Generell rate ich zu bei den Formalitäten einen "Gestor" zu bezahlen, dies sind in den Behörden mehr oder weniger bekannte/wohlgelittene "Prozessbeschleuniger" die lange Warteschlangen und Enttäuschungen vermeiden.
Es ist ein Lieblingssport in den Ämtern, erst stundenlang warten zu lassen und dann "fehlt" halt doch irgendwas 8und wenn es das kuchenstückchen für die Sekretärin am Nachbarpult ist... :wink:

Ein zentrales Problem, welches Du in Argentina immer wieder finden wirst, wenn du glaubtest in D gebe es zuviel Papier...no, sir...hier brauchst Du ca. 40% mehr Papier für vergleichbare Resultate.

Aaaachja...schon hat spassi die vierte Möglichkeit der Dauereinreise verschwiegen/-gessen:
d.) Du bist Rentner/Pensionär/stinkreich und kannst es nachweisen (R-/P-/oder stinkreich-Bescheinigung) d.h. erhältst regelmässige monatliche Einkünfte von so ab 1000 Oere. Bescheinigungen besorgen, beglaubigen UND apolliesieren und dann hier direkt zu Migraciones gehen.
(aber welcher alte oder stinkreiche Sack will schon hier in der Pampa leben ;)

Viel spass(-musssein) und jederzeit für Fragen für euch da!
Zuletzt geändert von spassmusssein am Sa Mai 12, 2007 5:13 am, insgesamt 1-mal geändert.
Caribe-Klaus
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Re: Wie wandere ich nach Argentinien ein?

Beitrag: # 11861Beitrag Caribe-Klaus »

spassmusssein hat geschrieben:Ein zentrales Problem, welches Du in Argentina immer wieder finden wirst, wenn du glaubtest in D gebe es zuviel Papier...no, sir...hier brauchst Du ca. 40% mehr Papier für vergleichbare Resultate.
Das kommt mir irgendwie bekannt vor. Noch nie habe ich so viele Papiere gesehen und unterschreiben müssen wie in der Karibik. Anscheinend bekommen die Behörden dort eine Provision von der Holz verarbeitenden Industrie. :shock:

Obwohl ich nie in Argentinien war, meine 1. Spanisch-Lehrerin (nur kurze Zeit) war von dort und hat mir "ihr" Land damals wärmstens empfohlen. Ich hatte immer Probleme, meine Vokabeln auszusprechen wenn ich ihr in die Augen sah. :oops:

Danke für den Bericht, weiter so.
Gruss Klaus
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