Vorstellungen und tatsächlich leben...

alles, was nicht in die speziellen Länderrubriken paßt

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DK-Ursel
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Beitrag: # 23094Beitrag DK-Ursel »

Hej Siggi!

ich denke, wir sind uns schon einig, nicht wahr?
Ich sage ja auch nicht, daß ein Diplom alles ist und alle anderen nichts können.
Ganz im Gegenteil gründen wir z.B. gerade in unserem dänischen eine Friskole.
Schon beim ersten Versuch war ich sehr beeindruckt von den vielen Möglichkeiten, die wir dann haben - u.a. eben auch, Menschen ohne seminarische Lehrerausbildung einzustellen.

Meine Freundin arbeitet an so einer Friskole als Deutschlehrerin - ausgebildet wurde sie zur Laborantin.
Ihre Schüler sind weiter und interessierter im und am Deutschunterricht als die Schüler in der Klasse meiner Tochter an einer kommunalen Schule, obwohl ihr Lehrer zweisprachig aufgewachsen ist und Deutsch als eins seiner Hauptfächer hatte.

Allerdings: Das geht sogar schon an unserer jetzigen kommunalen Schule - wo als Musiklehrer ein Mann mit Journalistenausbildung eingestellt wurde, der nebenbei Instrumente spielt und in einer Band mitmacht.
Nun muß sich zeigen, wie er mit Kindern kann.

Daß dies nicht immer im Seminarium gelernt wird, zeigt das Bsp. eines anderen Lehrers, der zwar ausgebildeter Lehrer ist, leider aber absolut unfähig, sein Wissen zu vermitteln und eine gewisse Arbeitsruhe in der Klasse zu schaffen.

Mich stört immer, wenn aus dem einen Extrem ins andere verfallen wird --- ohne Zeugnisse und Ausbildungsrichtungen, Fachwissen und sogar dessen Abprüfung geht es oft eben auch nicht.
Und oftmals kann man sich auch nicht alles selber beibringen.

Fazit: Man muß eben beides berücksichtigen - Vorwissen und Können, dann bekommt man sicher die richtigen Leute an die richtigen Stellen! :wink:
Oryx
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Beitrag: # 23099Beitrag Oryx »

Ja, das ist richtig. Man muß die Leute einfach testen. Ist hier in Namibia genauso. Was nützt es mir, wenn ich jemand habe, der tolle Papiere hat, aber keinen Draht zu den Leuten, der ein tolles Fachwissen hat, aber es nicht vermitteln kann? Ich schaue mir die Leute immer genau an, lasse sie arbeiten, und dann sehe ich sehr schnell, ob sie etwas können oder nicht. Da gab es schon etliche Leute mit guten Papieren, die menschlich einfach nicht zu gebrauchen waren, denn das steht leider nicht in den Papieren. :wink:

Wenn man als Arbeitgeber kein guter Psychologe ist, sollte man es lassen. Dann wird man nur per Zufall die richtigen Leute finden, denn Papiere sagen über das entscheidende - das Menschliche - zu wenig oder gar nichts aus. Fachwissen kann jeder lernen, das ist einfach, aber der menschliche Faktor ... das ist vorgegeben, das kann man nicht lernen. Das machen eben die meisten Arbeitgeber falsch. Man muß den Bewerbern in die Augen sehen, dann weiß man meistens sofort Bescheid, ob sie brauchbar sind oder nicht. Das ist jedenfalls meine Erfahrung.

Wenn mir jemand Papiere vorlegt, lege ich die sofort zur Seite, die schaue ich gar nicht an. Ich unterhalte mich mit ihm, dann weiß ich in fünf Minuten mehr, als in den Papieren steht.
DK-Ursel
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Beitrag: # 23100Beitrag DK-Ursel »

Hej Oryx !

Aber er muß doch für bestimme Stellen schon mit Papieren kommen, oder?
Vielleicht, vielleicht nichtmal direkt für den Beruf - wie bei uns der Journalist, der jetzt als Lehrer arbeitet - aber er muß doch eine fachliche Qualifikation haben.
Die Laborantin als Deutschlehrerin brachte als Qaulifikation ihre Muttersprache und ein paar didaktische Kurse i mRucksack mit.

Wir hatten jetzt bei einer unserer Sitzungen im pädagog. Ausschuß für unsere neue Schule eine Mutter sitzen, die ins "Manifest" geschrieben haben wollte, daß wir Wert darauf legen, daß nur seminarausgebildete Lehrer und Pädagogen unterrichten.
Dagegen habe ich mich durchaus verwahrt - gerade weil ich diese guten, aber auch die negativen Beispiele (auf der echen lehrerseiet) kenne.
ABER:
Ich verstehe sie auch --- ich möchte nämlich auch keine Schule haben, an der nur "Autodidakten" lehren --- es gibt einfach auch viel, was man NICHT NUR mit dem gesunden Menschenverstand händeln kann.
Und dabei meine ich nicht nur das buchstäbliche Fachwissen, sondern auch didaktische Fragen und problemstellungen, Unterrichtsformen, Methodik etc.

Ein Arzt, eine Krankenschwester, ein Automechaniker, Gärtner, Pilot. Lehrer, Bibliothekar, Fliesenleger, Architekt, etc. - die brauchen doch auch dringend den Nachweis darüber, daß ihnen gewisse Grundkenntnisse in der Ausbildung erfolgreich vermittelt wurden.

Wenn Du sie aus der Hand legst, schaust Du evtl. nicht so sehr auf die Abschlußnote, aber Du nimmst doch zur Kenntnis, daß sie immerhin eine Ausbildung = Ahnung vnon dem Beruf haben (müßten).
Dazu muß dann dasa ndere kommen - einig!

Gruß Ursel, DK -wie immer für einen guten Mittelweg plädierend
maili
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Vorstellungen und tatsächlich leben......

Beitrag: # 23282Beitrag maili »

ich möchte zu diesem Thema auch einmal kurz Stellung beziehen.

Zu der Dame in Spanien, die einen Job unter dem Limit angenommen hat:

Ich denke, bei vielen Deutschen ist es so, daß der Frust sie in eine unvorsichtige Richtung treibt. Dabei wird augenscheinlich alles, was wichtig ist, vergessen, es heißt nur, ....weg aus Deutschland. Soziale Absicherung etc., alles wird hint angestellt. Übers Alter wird nicht nachgedacht, es wird nur an den Augenblick gedacht. Und der heißt in dem Moment, endlich niemand mehr, der mich ständig gängelt, keiner guckt auf meine evtl. Qualifikation, hier kann ich machen, was ich will u nd ich zahl auch meine Schulden nicht zurück. Im ersten Moment wirklich das Paradies bzw. Freiheit. Aber, wenn man dann eingeholt wird, wird`s doppelt schwer und meistens sind es dann die Looser, über die in den Foren hergezogen wird. Davon haben wir in der Dom. Rep. genug Leute, die "ehrlich" genug sind und sagen, das ist das Paradies, auf der anderen Seiten aus vielfachen Gründen nicht ins soziale Auffangnetzt zurück können, von Wollen gar nicht zu reden. Denn im Ausland haben diese Leute sich dermaßen ausgelebt, daß sie in jedem zivilen Land Schwierigkeiten haben werden, sich wieder einzugliedern. Macht auch keinen Spaß und man kann den jeweiligen Staat verstehen.

Was D angeht kann ich nur sagen, daß D irgendwie immer aus der Reihe tanzt. Deutschland bürokratisiert sich zu Tode und nicht nur das. Eigentümlicherweise verändert sich auch die Arbeitgeberschicht - nicht unbedingt zu Unrecht, sondern wohl mehr aus der Erfahrung heraus -.
Kann ich auf der einen Seite voll nachvollziehen. Jeder Arbeitnehmer leitet irgend woher irgendwelche Rechte für sich heraus, zum größten Teil dann auch, ohne überhaupt erst einmal zu beweisen, daß ich Rechte habe und warum. Es wird m. E. auch in D viel zu viel Wert auf Papier, sprich Zeugnisse gelegt. Es wird dort grundsätzlich nach Noten beurteilt. Jeder, dem vielleicht die Schule oder Uni oder sonst was nicht so gelegen hat, kann vielfach über ungeheures Arbeitswissen etc. verfügen.In D jedoch bekommt niemand in der Richtung eine Chance. Ich habe 1968 das Gymnasium 2 Jahre vor dem Abi aus verschiedenen Gründen verlassen. Zeugnis war nicht rosig, aber als ich mich bei einem Top-Anwalt um eine Lehrstelle beworben habe, sagte dieser wortwörtlich zu mir, "die Zeugnisse interesieren mich nicht, ich will sehen, was Sie können". Und ich konnte und war auch noch heilfroh über so einen Chef. Habe es niemals bereut und er freut sich heute noch, wenn wir uns sehen.
Aber ich glaube, diese Art von Chef gibt es in D nicht mehr oft.

Bös lang, aber ich wollte es einfach mal los werden. Kann mich vielerseits in die Lagen versetzen.

Gruss maili
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