Seifenblasen

alles, was nicht in die speziellen Länderrubriken paßt

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vallartina
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Seifenblasen

Beitrag: # 47487Beitrag vallartina »

(die Geschichte eines geplatzten Auswanderer-Traumes)

Wie so viele kamen sie mit grossen Erwartungen im neuen Land an. Alles sollte nun besser werden. Was zuhause nicht glückte weil ja immer irgendwelche Leute, Gesetze, Vorschriften und widrige Umstände ihnen im Wege standen, würde nun ihre gesamte Lebenssituation schlagartig verbessern. Denn, so meinten sie, in diesem halbentwickelten Land würde man sich voll entfalten, seine Pläne hochfliegen lassen und diesen minderbemittelten Einheimischen zeigen können oder gar müssen, wie man Business macht und was Lifestyle ist.
Und so steckten sie ein Anfangskapital von über einer halben Million Dollar in ein Haus. Beste Wohngegend, mitten in einem Golfplatz, privater Beachclub, Sports-Center, Tennisanlage, Spa, hochpreisige Restaurants, in einer exklusiven, expandierenden Privatanlage. Kaum war der Kaufvertrag unterschrieben, legten sie los.
Ein Jahr lang wurde die Villa renoviert wo kaum etwas zu renovieren war, aber man hatte ganz besondere Ansprüche, die der letztendlichen Bestimmung des Hauses gerecht werden mussten. Beide Eheleute schufteten monatelang im eigenen Haus als Hilfsarbeiter für die angeheuerten Gelegenheits-Maler, Schlitzeklopfer, Elektriker, Marmorpolierer und Poolputzer, meist Ausländer wie sie selbst, die brutalste Sommerhitze konnte sie nicht stoppen.
Die Villa erstrahlte nun gleissend weiss im Sonnenlicht, die Räume modisch dekoriert nach den neuesten Vorschlägen der Hochglanzmagazine, selbst die Kübelpflanzen blühten farblich passend zu den auf ausgiebigen Shopping-Touren entdeckten, in Eigenregie veränderten, aufgepäppten, in der ganzen Stadt noch nie gesehenen, teueren Terrassenmöbeln und Kunstobjekten.
Dann wurde es ruhig in und ums Haus. Zur Realisierung ihres Traumes, der ihnen gesichertes Einkommen für den Rest ihres Lebens bringen sollte fehlte noch der wichtigste Aspekt: Marketing!
Ein professioneller Photograph liess die Villa und ihre Räume in bestem Lichte erscheinen und lieferte so die Bilder um welche nun eine 15-seitige, erstklassige und wirklich eindrucksvolle und wohl teuer bezahlte Webpage entstand: „Willkommen in unserer Luxus-Frühstückspension“.
Eine Webpage macht noch kein Geschäft. In Dutzenden der gängigen Online-Reise- und B&B Nachschlage-Portale in unzähligen Sprachen wurden kostenpflichtig Anzeigen geschalten, in Foren kräftig die Werbetrommel gerührt.
Und dann machten sie den letzten ihrer Fehler: sie stellten ihr „Hotel-Zeichen“ mit Link zu ihrer Homepage bei Google-Earth platzgenau ein und setzten gleich noch das „Golf-Clubhouse-Zeichen“ daneben. Dies blieb kurze Zeit unbemerkt. Die Reaktion jedoch erfolgte dann umgehend.
Die Betreibergesellschaft und die Eigentümergemeinschaft dieser exklusiven Villen- und Golfanlage machten unmissverständlich klar, dass in einem reinen Wohngebiet und laut den Statuten dieser Privatanlage keinerlei Gewerbe oder Geschäftsbetrieb in der Anlage ausgeübt werden darf. Das hätte man schliesslich nachlesen bzw. erfragen können! Die Werbung müsse aus dem Netz verschwinden! Jegliche Vermietung an Touristen ist untersagt!
Die frisch gebackenen Frühstücks-Pensions-Besitzer wehrten sich, in ihrem Hause könnten sie schliesslich machen was sie wollten, die Werbung und das B&B bleibt!
Also fragte das Management jener Privatanlage nach der Lizenz für Vermietung, Hotelbetrieb, Bewirtung sowie den Unterlagen zur Sozialversicherungsanmeldung der Handwerker und des Hauspersonals, der Meldung des durch Um- und Anbauten erweiterten Wohnraumes an die Baubehörde, und schoben gleich noch die Möglichkeit nach, den Immigrations-Status der beiden prüfen zu lassen. Sie hatten weder noch und waren auf Touristen-Visum ohne Arbeitsgenehmigung im Lande.
Drei Tage später waren alle Anzeigen gelöscht, die Homepage offline.
Und nun?
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Siggi!
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Beitrag: # 47490Beitrag Siggi! »

Unabhängig von dem kleinen Fehler, verstehe ich die ganze Aktion nicht, denn mit einer halben Million hätten sie doch sorgenlos ohne Arbeit in dem halbentwickelten Land leben können!

Gruß
Siggi
vallartina
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Beitrag: # 47495Beitrag vallartina »

Dieser letzte "kleine" Fehler war der Auslöser, dass die Betreibergesellschaft auf ihre Pension aufmerksam wurde. So kam eines zum anderen: Beschäftigung von Schwarzarbeitern (ihre Helfer waren nicht bei der Sozialversicherung angemeldet), sie hatten keine Lizenzen zum Betreiben eines touristischen Betriebes, ihre Tourist-Visa verboten ihnen einer Beschäftigung nachzugehen bzw. sich selbstständig mit einem Gewerbe zu machen. Die grossen Fehler wurden schon vorher gemacht, nämlich viel Kapital in ein an diesem Ort unmöglich realisierbares Geschäft zu stecken und die Aufenthaltsbestimmungen des Landes völlig zu ignorieren. Sprich man könnte sogar noch auf den Vorsatz der Steuerhinterziehung vermuten.
Sie haben, wie es scheint, so ziemlich alles an finanziellen Mitteln in dieses Unternehmen gesteckt. Eine halbe Million hört sich wohl viel an, aber um damit bis zum Ende ihrer Tage leben zu können, ist bei ihrem Alter wohl fraglich, zumindest wird es rechnerisch knapp. Hochzinsphasen sind selten!
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Siggi!
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Beitrag: # 47497Beitrag Siggi! »

vallartina hat geschrieben:Eine halbe Million hört sich wohl viel an, aber um damit bis zum Ende ihrer Tage leben zu können, ist bei ihrem Alter wohl fraglich, zumindest wird es rechnerisch knapp.
Es kommt immer darauf an, wo man hingeht und welchen Anspruch man hat. Manch einer braucht die halbe Million für eine standesgemäße Minimalausstattung (Villa + Auto). Der kluge Anleger stellt aber seine Konsumwünsche zu Gunsten von Investitionen zurück. So kann man der Tretmühle Arbeit viel früher entfliehen.
Hochzinsphasen sind selten!
In meiner Wahlheimat sind die Zinsen zwar auch im fallen, aber knapp 20% in Landeswährung oder 10% in USD sind immer noch drin. Da reicht viel weniger als eine halbe Million. (Mir persönlich ist das Papiergeld (auch der Euro bei Anlage in Westeuropa) aber zu unsicher, um darauf meine Lebensplanung aufzubauen.)

Oder man investiert die halbe Million in Immobilien. In DE in aufstrebenden Städten mit wachsender Bevölkerung sind Netto Mietrenditen von 8% möglich. Wenn man davon noch ein paar Kosten abzieht (auch für einen Verwalter, damit man mit dem Objekt selbst keine Arbeit hat), kommt man monatlich auf Einnahmen in Höhe von min. USD 2500, womit man in vielen Ländern absolut problemlos leben kann. Das schöne an diesem Modell: Im Falle der Inflation passen sich die Mieten an. Man hat also inflationsbereinigt immer ungefähr denselben Betrag zur Verfügung!

Wer das alles nicht will oder kann, gibt das Geld einer privaten Rentenversicherung. Die garantiert dafür eine Lebenslange monatliche Rente ab sofort. Das Kapital ist aber weg, während man bei den privaten Investitionen noch das Kapital (ggf. sogar vgl. inflationsgesichert) an die Erben weitergeben kann. Je früher man stirbt, desto besser das Geschäft für den Versicherer, der andererseits aber auch das Langlebigkeitsrisiko trägt. Die Rendite (also die Rente) ist auch vgl. gering. Aber wenn jemand zu wenig Talent für eine eigene Vermögensverwaltung hat, mag diese Form der Kapitalanlage trotzdem eine Option sein.

In meine Wahlheimat kommen die Rentner und Frührentner, mit den kleinen Renten unter 1000 Euro und können sogar davon mit ihrer Familie problemlos leben. Genau diese Kostenstruktur sollte doch auch einen guten Teil des Reizes eines halbentwickelten Landes ausmachen.

Ich kann mir nicht helfen, aber wer ernsthaft glaubt, eine halbe Million sei nicht genug (nur wenige Prozent der Bevölkerung können je ein solches Vermögen erwirtschaften), ist zu fest im traditionellen Konsumdenken verankert.

Hier gab es schon mal einige Ideen zu dem Thema:
http://www.auswandern-webforum.de/forum/ftopic3733.html

Gruß
Siggi
vallartina
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Beitrag: # 47503Beitrag vallartina »

Siggi, die 20% Zinsen in Deinem Land sind schon schön. Aber, in welchen Ländern und warum bekommt man diesen Zinssatz? (warum jubelt man z.B. in Argentinien nicht über solche Zinssätze? Frag Spassi!)

Ob dieses von mir zitierte Paar kluge Anleger waren, sei dahingestellt. Eher nicht. Denn wer sich in eine solche Anlage einkauft, muss wissen dass die monatlichen Fixkosten enorm sind. Je nach Anlage, Exklusivität und Grösse der Villa kommen da Kosten von selten unter 500 Dollar, nach oben bis 3000 Dollar im Monat z.B. hier in meiner Umgebung zustande. In Argentinien z.B. gibt es ebenfalls diese "Countrys", in Afrika, im Nahen Osten, in Europa und vor allem in den USA, in letzteren Ländern sind die Fixkosten schon heftig. Diese Kosten beinhalten nur die monatlichen Unterhaltskosten der Anlage, Security, Verwaltung und die Beiträge für ggf. vorhandene Sporteinrichtungen, Gemeinschaftspools. Keine privaten Ausgaben für das eigene Haus, Garten, Putzfrau usw.

Und da sind Fünfhunderttausend USD, bzw. der abschöpfbare Ertrag daraus nicht gerade üppig, wenn keine regelmässigen Einkünfte mehr bestehen und man evtl. noch 35 bis 40 zu finanzierende Lebensjahre vor sich hat. Möglicherweise sollten im gegebenen Falle eben die Einnahmen aus Vermietung die Fixkosten puffern oder decken und somit das Leben in solch einer Anlage bezahlbar werden lassen?

Eine halbe Mio USD sei m.Ea. nicht viel: Das hat nichts mit dem von Dir zitierten 'traditionellem Konsumverhalten', ein für mich immer leicht sozialistisch angehauchter Begriff, zu tun. Es ist schlichtes Kostenrechnen.

Es geht hier aber nicht ausschliesslich ums Geld. Diese Leute stolperten über die gängigen Auswanderer-Fehler, das Denken, sie seien als Einwanderer aus einem Industrieland ohnehin überlegen, immer aussen vor, unantastbar, und vor allem das Ignorieren von Vorschriften und Gesetzen des Gastlandes. Und das kann teuer bis back home Hartz IV werden!
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Beitrag: # 47506Beitrag Siggi! »

vallartina hat geschrieben:Eine halbe Mio USD sei m.Ea. nicht viel
Das kannst Du so sehen, aber diesen Betrag haben noch niemals 10% der Bevölkerung in DE.
Dem einkommensstärksten Zehntel der Bevölkerung standen 2007 durchschnittlich 317.000 Euro an individuellem Vermögen zur Verfügung,
Quelle: http://www.bpb.de/wissen/U4CJQA,0,Verm% ... ilung.html

Wenn Deine Einschätzung richtig ist, kann sich also nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung die "Frühverrentung" mit 50 in einem halbentwickelten Land leisten. Glücklicherweise sehe ich da Gegenbeispiele mit viel weniger Vermögen.

Gruß
Siggi
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Beitrag: # 47510Beitrag vallartina »

Wenn Deine Einschätzung richtig ist, kann sich also nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung die "Frühverrentung" mit 50 in einem halbentwickelten Land leisten. Glücklicherweise sehe ich da Gegenbeispiele mit viel weniger Vermögen.
Du solltest die Dinge nicht aus dem von mir geschilderten Zusammenhang reissen.

Hier in Mexiko, aber auch in anderen Ländern in denen ich gelebt habe, müssen viele mit einer bescheidenen Rente auskommen und sie tun es. Aber nicht als Villenbesitzer in einem Country-Club oder Luxus-Privatanlage. Aber vielleicht weisst Du nicht wovon hierbei die Rede ist?
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Beitrag: # 47511Beitrag Siggi! »

vallartina hat geschrieben:Aber nicht als Villenbesitzer in einem Country-Club oder Luxus-Privatanlage.
Aber in diese Rolle wird man nicht geboren! Man hat das doch selbst in der Hand! Wenn man also schon eine halbe Million erarbeitet hat (was die wenigsten schaffen), dann sollte man sich fragen: Womit hat man mehr Lebensqualität: Mit einer Luxus Immobilie oder mit einem gewöhnlichen Haus aber viel mehr persönlicher Freiheit, da keine Arbeit mehr notwendig ist. Nie mehr Kreditgespräche mit einer Bank, keine Existenzängste mehr, wenn geschäftlich etwas nicht so funktioniert, wie man es sich vorstellt, kein Stress mit den Kunden, etc.

Aber die wenigsten orientieren sich wohl bei der Auswanderung anders. Sie raffen wohl weiter, wie sie es in ihrer Heimat seit Jahrzehnten gewohnt sind. Dann kommen noch ein paar Fehleinschätzungen dazu und schon haben sie viel oder sogar alles verloren. Der größte Fehler war es aber, noch mehr Vermögen versuchen zu generieren, weil sie es eigentlich doch gar nicht mehr nötig hatten, wenn sie ihr Konsumverhalten einmal kritisch hinterfragt hätten. Ich weiß wovon ich spreche. Mein Bad war 38qm in DE, jetzt sitze ich mit 5qm im sozialistischen Wohnungsbau. Aber dafür stressfrei.

Gruß
Siggi
vallartina
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Beitrag: # 47512Beitrag vallartina »

Aber dafür stressfrei
Darin liegt aber eine gewisse Kunst, nämlich die, mit sich selbst zufrieden zu sein! Dann klappt das auch ohne Country Club und Palazzo Prozzo.
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Beitrag: # 47515Beitrag Siggi! »

So ist es!

Gruß
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kurtchen
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Beitrag: # 47538Beitrag kurtchen »

mmhhh, aber grundsätzlich:

die Idee einer hochwertigen B&B Pension in Südamerika finde ich irgendwie sehr interessant, mein Gefühl sagt mir das das hätte gut laufen können, insbesonders nordamerikanische Kunden würden es wohl mögen.

Werbung dann duchziehen und dann kann es laufen.

Nur wie gesagt; die Werbung muss richtig sein und man darf sich mit
keiner Lobby anlegen.

Schade schade schade
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Beitrag: # 47543Beitrag vallartina »

Es hätte laufen können. Aber nicht in einer reinen Wohngegend in einem Luxus-Country. Und die Leute wollten ALLES. Sprich die ausschliesslich für Mitglieder / Bewohner dieser Anlage angebotenen Sportmöglichkeiten auch noch weiterverkaufen. Das kam gar nicht gut an.

Allerdings sind heutzutage, nach Immo-Krise enorm viele Vermietungsangebote in allen Ländern auf dem Markt, da muss man schon Besonderes bieten und das Preis-Leistungsverhältnis muss stimmen.

Und natürlich sollte man die erforderlichen Genehmigungen, Lizenzen und vor allem Arbeitgenehmigung haben....
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