Bella hat geschrieben:Hi,
gibt es hier auch jemanden,der auf Curacao ist,dort hin möchte oder Erfahrungen hat??
Ich war ca. 8 Monate auf Curacao und werde bald wieder dort sein, da ich auf der Insel geschaeftlich taetig bin. Daher kann ich sicher mit ein paar Infos weiter helfen.
Einleitend gesagt, man solle sich keinesfalls zu sehr auf irgend welche bunten Reiseinformationen, Prospekte oder Urlaubsfotos von Freunden verlassen.
Curacao hat zwei Gesichter. Es stellt sich gerne mit europaeischem Lebensstandard dar, mit den schoensten Straenden der Karibik (was sicher alle Inseln von sich behaupten) und multikultureller Offenheit.
Wenn man jedoch vom Flughafen zu seiner gebuchten Ferienunterkunft gefahren wird, kommt der erste Kulturschock. Das Bild von den Niederlaendischen Antillen (die es zwischenzeitlich politisch nicht mehr gibt) wandelt sich schnell in Vorstellungen ueber Belgisch Kongo oder dem Senegal. Man glaubt, der Pilot habe sein Ziel verpasst und sei mitten in den Armutsvierteln von Afrika gelandet. Von Niederlaendisch keine Spur.
Heruntergekommene Schwarzensiedlungen (das Wort "Neger" will ich mal aus Rassismusvorwuerfen vermeiden), wie wir sie aus Fernsehberichten ueber Kamerun oder Angola kennen. Das was man den Touristen zuerst praesentiert, deckt sich leider keinenfalls mit unseren Erwartungen ueber Curacao.
Wenn man dann in seiner Ferienanlage ankommt, wird man erst einmal tief durchatmen und hoffen, dass es nur besser werden kann.
Etwa 95% der Einwohner sind afrikanischer Abstammung von ca. 200 Jahre langem Sklavenhandel auf der Insel. Sie war Umschlagplatz fuer die von Afrika verschifften Sklaven. Diejenigen, die die monatelange grausame Schifffart ueberstanden haben, wurden dort aufgepeppelt und auf dem Markt verkauft fuer die Farmen in Nord- und Suedamerika.
Den ersten Tag auf der Insel wird man sicher erst einmal am Strand verbringen wollen. Die Straende sind jedoch sehr unterschiedlich und keinenfalls die schoensten in der Karibik (wie es immer wieder monoton behauptet wird). Die guten Straende muessen bezahlt werden und haben gute Infrastrucktur. Der Rest ist ziehmlich verkommen und steinig oder oft nur ueber einige Kilometer entfernt entlegen nur mit dem Auto erreichbar. Die Regierung tut dort sehr wenig fuer den Strandtourismus.
Die Hauptstadt Willemstad bietet einige schoene Fotomotive und etwas hollaendischen Flair. Einkaufsstrassen, Bars, Restaurantes. Sie ist das Aushaengeschild fuer die Kreuzfahrtstouristen, die sich ein paar Stunden auf der Insel bewegen. Mehr als 2 Stunden braucht man jedoch kaum und man kennt alle Winkel des Zentrums. Bleibt nur noch, sich gemuehtlich in ein Cafe zu setzen, die Aussicht zu geniessen und dem Inseltreiben etwas zuzuschauen. Es ist eigentlich der schoenste Teil Insel.
Ich moechte mal unterscheiden zwischen Kultur und Lebensstil. Fremde Kulturformen koennen bei "exotischen" Voelkern sicher eine romantische Stimmung verursachen. Lebenstil ist eine voellig andere Angelegenheit, die auch viel mit Mentalitaet zu tun hat.
Auf Curacao erkennt man stark den Unterschied, wo Schwarze und wo Weisse wohnen. Der Unterschied liegt jedoch wenig in Armut oder Reichtum, sondern mehr in der Mentalitaet.
Da 95% der Bevoelkerung Schwarze sind, brauche ich sicher nicht weiter auszumalen, wie der groesste Teil der Insel aussieht. Man findet natuerlich auch sehr schoene Wohnsiedlungen mit Schwarzen aus guten Einkommensverhaeltnissen vermischt mit Weissen.
Es gibt nur wenige Punkte auf Curacao, die wirklich den Prospektfotos entsprechen. Die Vegetation ist sehr kark und erinnert nur wenig an Karibik.
Das durchschnittliche Einkommen als Arbeiter ist sehr niedrig und wird kaum reichen, einen europaeischen Lebensstandard fuehren zu koennen. Als Auslaender Arbeit zu finden ist zudem sehr schwierig, da Stellen zuerst mit Personal von der Insel besetzt werden muessen. Man muss einen Arbeitgeber finden, welcher es auf sich nimmt, den ganzen Behoerdenauffwand fuer die Genehmigungen zu erledigen.
Bleibt eine Selbstaendigkeit. Diese wird geprueft, ob es fuer die Insel von Nutzen ist. Ist dies der Fall, koennen Auslaender problemlos eine Firma gruenden. Viel Zeit, Nerven und vorallem viel Geld sind hierfuer jedoch noetig, da zwischen der Planung und Umsetzung viele Monate oder Jahre vergehen koennen, der jaehrliche Aufenthalt als Tourist vorab jedoch nur auf 3 Monate beschraenkt ist. Dauerhafte Arbeits- und Aufenhaltsgenehmigungen koennen erst beantragt werden, wenn die Firma Grund und Boden hat. Illegale Arbeit und Aufenthalt lassen sich da kaum vermeiden, da es die Immigrationsbehoerde nur wenig interessiert, ob jemand investiert oder nicht. Es gibt kein Geschaeftsvisum. Man muss also als Urlauber einreisen und verstoesst bereits gegen das Gesetz, wenn man geschaeftlich nur ansatzweise aktiv wird. Die gesetzlichen Regelungen stehen hier nicht in Einklang und es ist ein ewiger Kampf mit den Behoerden.
Trotz alledem, wer von Curacao traeumt und die bunten Prospektbilder im Kopf hat, soll sich die Insel erst einmal anschauen und entscheiden, ob man dort wirklich leben will. Die Vorstellungen gehen da sicher weit auseinander.
Viel Spass und viel Erfolg auf Curacao.....
MamboJoe