Wie sich die Sichtweise so im Laufe der Zeit verändert...

Angola, Botswana, Lesotho, Malawi, Mosambik, Namibia, Sambia, Simbabwe, Südafrika, Swasiland

Moderator: Moderatoren

Antworten
Oryx
Beiträge: 667
Registriert: Mo Jun 18, 2007 10:54 am
Wohnort: Namibia

Wie sich die Sichtweise so im Laufe der Zeit verändert...

Beitrag: # 47015Beitrag Oryx »

Heute kam es mir gerade so in den Sinn, wie sehr sich meine Sichtweise doch verändert hat, seit ich hierher ausgewandert bin. Ich kam mit großen Illusionen hier an, auch mit viel Idealismus und dem Willen, Ärmeren und Schwächeren zu helfen. Nun, nach ein paar Jahren, hat mir die Realität doch einiges vor allem von diesen naiven Vorstellungen abgewöhnt.

Beispielsweise sind die Gärten der Häuser hier ziemlich groß, und wenn man einen anstrengenden und zeitaufreibenden Beruf hat wie ich, braucht man jemand, der den Garten pflegt. Dafür braucht man nicht unbedingt eine Ausbildung, das ist hier in Namibia ein typischer Job für Ungelernte. Und davon gibt es viele. Sie sitzen jeden Tag zu Hunderten an den Straßenecken von Windhoek und warten auf eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Ich sage absichtlich nicht: Sie warten auf eine Möglichkeit zu arbeiten. Denn das sind hier zwei verschiedene Dinge für die schwarzen Einheimischen. Die meisten Weißen haben Geld, und deshalb können sie ja ruhig etwas abgeben. Schließlich arbeiten Weiße grundsätzlich nicht für ihr Geld, die sitzen den ganzen Tag nur rum und machen sich eine schöne Zeit.

Aber wir waren am Anfang ja guten Willens und kannten die Einstellung vieler Menschen hier nicht (es gibt natürlich, wie immer, auch Ausnahmen). Wir gingen davon aus, da gibt es jemand, der sucht einen Job, also geben wir ihm einen.

Das Ergebnis war dann folgendes: Wir hatten zwei Fahrräder, Mountain Bikes, aus Deutschland mitgebracht. Schon nach kurzer Zeit war das erste dieser nicht billigen Räder zusammen mit unserem "garden boy" (das ist die allgemeine Bezeichnung hier, auch wenn die Männer oft schon älter sind) verschwunden. Er hatte den Schlüssel zur Garage, in der die Räder standen, weil dort auch die Gartengeräte standen.

1. Lektion: Gib niemals einem Gartenarbeiter einen Schlüssel zu irgendwas.

Aber wir waren einfach noch nicht schlau genug. Die nächste Lektion folgte auf dem Fuße. Unser nächster "Gartengestalter" (das ist mehr als ironisch gemeint, man kann nämlich meistens froh sein, wenn sie überhaupt den Rasen mähen) hatte ein uraltes Handy, das er immer auflud, wenn er bei uns arbeitete, aber es war offensichtlich, dass der Akku nicht mehr lange hielt. Und das Gerät war wirklich schon sehr alt und mitgenommen. Eines Tages kam er mit einem Prospekt von MTC an, dem hiesigen Mobilfunkanbieter, und zeigte uns die Handys, die man dort erstehen konnte. Er hatte sich auch schon eins ausgesucht. So ungefähr das teuerste.

Das konnte er sich natürlich nicht leisten. Und MTC gab es ihm auch nicht auf Kredit, weil er ja keine Festanstellung hatte. Die Arbeit als "garden boy" galt nicht als solche. Wir dachten in unserer Gutmütigkeit: Na ja, bisher hat er ganz gut gearbeitet (wir hatten unsere Ansprüche da nach kurzer Zeit schon heruntergeschraubt), kaufen wir das Handy für ihn, und er kann es dann an uns abzahlen. Nun ja, vermutlich ist schon klar, wie das geendet hat: Kaum hatte er das Handy, kam er nicht mehr zur Arbeit.

2. Lektion: Gib niemals, absolut niemals!, jemand Geld oder Geschenke im voraus. Erst nach der Arbeit oder wenn er sich das Geld angespart hat.

Aber da wir die Gutmütigkeit in Person sind, haben wir es dann mit dem nächsten Gartenpfleger noch einmal versucht, unsere naiven Vorstellungen zu bestätigen. Mittlerweile stand das zweite Fahrrad, das wir mitgebracht hatten, nur herum und nahm Platz weg, weil Fahrradfahren hier kaum möglich ist, wenn man nicht das Risiko eingehen will, überfahren oder überfallen zu werden.

Unser damals aktueller Gartenarbeiter hatte kein Geld, es war für ihn immer schwierig, von seinem Wohnplatz in Katutura in die Stadt zur Arbeit zu kommen. Also stellten wir ihm in Aussicht, er könnte das zweite Fahrrad haben, wenn er sich genügend Geld dafür erarbeitet hat. Natürlich haben wir als Preis nur einen Bruchteil dessen angesetzt, was wir für das Fahrrad bezahlt hatten.

Er war ganz begeistert, drängte dann aber darauf, das Fahrrad sofort mitnehmen zu können. Ein paar Wochen haben wir standgehalten und unserem guten Willen getrotzt, aber dann war es wieder dasselbe wie mit dem Handy. Er hatte noch nicht genug Geld gespart, aber wir haben ihm das Fahrrad trotzdem gegeben. Konnte man ja nicht mitansehen, wie der arme Junge immer zu Fuß gehen musste.

Das nächste, was wir hörten, war, dass er im Gefängnis ist, weil er sich mit jemand anderem so geprügelt hat, dass er sogar für eine Weile im Krankenhaus lag, weil sie sich gegenseitig Pflastersteine an den Kopf geworfen hatten. Besoffen natürlich, denn die meisten dieser Männer leben praktisch im "Shebeen", der hiesigen Saufkneipe.

Unnötig zu sagen, dass wir weder "garden boy" noch Fahrrad je wiedergesehen haben.

Und so geht es eigentlich immer weiter. Reicht man den kleinen Finger, wird am liebsten gleich der ganze Arm abgerissen. Letztes Beispiel: Unsere Maid, die still und heimlich alles Mögliche hat mitgehen lassen, während sie jahrelang bei uns gearbeitet hat, von Klobürsten über DVDs bis zu einer Videokamera. Sie hat bei uns mehr verdient als sonst jeder andere zahlt, sie hatte bequeme Arbeitszeiten, bequeme Arbeitsbedingungen, Sozialversicherung (eine Ausnahme für "Domestic Worker". Die meisten Arbeitgeber sind nicht so großzügig), Essen, Kredite, sobald sie Geld brauchte, ob nun für die Beerdigung ihres Freundes oder das Schulgeld ihrer Kinder. Durch uns hatte sie TV, Kühlschrank, ein eigenes Haus, jegliche Sicherheit.

Aber das bedeutet alles nichts. Die Weißen haben's ja, also nehmen wir es doch. Dass sie dadurch ihren eigenen Job zerstören, ihr eigenes Leben, das kommt ihnen nicht in den Sinn. Oder dass es vielleicht besser ist, einen Arbeitgeber zu haben, der einem vertraut. Von dem man immer wieder profitieren kann, weil er nett ist und einen unterstützt, auch wenn es über den reinen Verdienst hinausgeht.

Jedenfalls haben wir jetzt beschlossen, keine Hausangestellten mehr zu haben, das ist einfach zu viel Stress und auf die Dauer zu teuer, auch wenn sie pro Stunde wesentlich weniger verdienen als in Europa. Man weiß nie, was noch an seinem Platz ist, die Arbeit ist auch eher nebensächlich. Man kann ein Haus oder einen Garten auch dreckig und ungepflegt hinterlassen, Dinge zerstören, ob man nun einfach einen Rosenbusch herausreißt oder eine teure Vase zerdeppert, der Arbeitgeber ist ja so dumm und bezahlt einen trotzdem.

Ich weiß nicht, woher diese Einstellung kommt, aber sie trägt sehr zur Arbeitslosigkeit in diesem Land bei. Das Allertollste haben wir kürzlich mit unserem letzten "garden boy" erlebt. Obwohl wir ihn außergewöhnlich gut bezahlt hatten, stand er plötzlich mit der Polizei bei uns vor der Tür und wollte, dass wir ihm ein Auto kaufen. Selbst die Polizei hat darüber gelacht, aber da er ihnen erzählt hatte, wir hätten ihn nicht für seine Arbeit bezahlt und da er sehr penetrant sein kann, sind sie dann doch gekommen.

Wenn man jedoch so etwas erlebt, fragt man sich, ob solchen Menschen überhaupt zu helfen ist. Und dann kommt einem wieder in den Sinn, wie viel Entwicklungshilfe in Länder wie Namibia fließt und wie wenig das nützt.

Es ist wirklich schade. Man könnte so viel tun. Aber nach solchen Erfahrungen sind viele dann abgeschreckt. Ich kümmere mich jetzt nur noch um Kinder, weil bei ihnen eventuell eine Chance besteht, dass sie aus diesem Teufelskreis ausbrechen können. Das hoffe ich zumindest.
Benutzeravatar
Siggi!
Moderator
Beiträge: 6284
Registriert: So Jul 10, 2005 7:43 pm
Wohnort: Republik Krim, RU

Beitrag: # 47018Beitrag Siggi! »

Musst Du unbedingt so meinen Traum von Namibia zerstören?

Gruß
Siggi
Oryx
Beiträge: 667
Registriert: Mo Jun 18, 2007 10:54 am
Wohnort: Namibia

Beitrag: # 47020Beitrag Oryx »

Ich sage Dir ganz entschieden: Namibia ist ein Traum! Ich würde nirgendwo anders mehr leben wollen. Man darf nur nicht davon träumen, hier so eine Art Sozialhilfe leisten zu wollen. Das ist völlig daneben. Alles andere ist perfekt.

Und es gibt Gartenfirmen oder Putzfirmen, mit denen man durchaus zusammenarbeiten kann, so dass man nicht alles selbst machen muss. Aber eben Firmen, keine Einzelpersonen.
Benutzeravatar
arnego2
Moderator
Beiträge: 2135
Registriert: Di Feb 17, 2004 6:51 pm
Wohnort: Venezuela, Insel Margarita, Porlamar
Kontaktdaten:

Beitrag: # 47023Beitrag arnego2 »

Ich glaube die Bedingungen die du hier aufgezaehlt hast sind hier nicht unbekannt. Es liegt in meinen Augen daran das es soetwas wie Erziehung nicht gibt und das viele halt nicht an die Konsequenzen denken wollen oder koennen.

Fernsehen, Konsumissmus etc und das Gehabe der Politiker hilft da wenig diese Welle die Versaeumnisse in irgendeinerweise zu beinflussen.

Alle Welt ist Grundehrlich bis sie halt in die Lage geraten und Versuchungen standhalten muessen.
Moderatorenlink: arnego2
Benutzeravatar
Siggi!
Moderator
Beiträge: 6284
Registriert: So Jul 10, 2005 7:43 pm
Wohnort: Republik Krim, RU

Beitrag: # 47024Beitrag Siggi! »

weil Fahrradfahren hier kaum möglich ist, wenn man nicht das Risiko eingehen will, überfahren oder überfallen zu werden.
Wenn ich im Ausland nicht den Eindruck hätte, mich wie in DE auch bewegen zu können, ohne das Risiko überfallen zu werden einzugehen, dann wäre das nichts für mich. Ich laufe hier allein herum, auch im Dunkeln, einsame Flussläufe in der Heimatstadt meiner Frau, am Strand hier auf der Krim, etc. Ich hatte noch niemals auch nur annähernd den Eindruck, dass es gefährlich werden könnte. Das ist mir sehr wichtig. (Das es in Großstädten gewisse Ecken gibt, die man meidet, sagt einem der gesunde Menschenverstand. Das gilt aber auch für DE.)

Meine Frau hatte auch einmal einen Alkoholiker aus der Nachbarschaft für die Gartenarbeit. Ich nannte ihn dann nur noch Terminator, da er wenig selektiv war und alles als Unkraut betrachtete, was nicht rechtzeitig flüchten konnte. Aktuell hat sie eine Frau von ca. 55, die (in Wechselschicht mit einer anderen Person) auch die Betreuung der Großmutter übernimmt. Sie macht den Garten wirklich gut, man merkt, dass sie auf dem Dorf lebt und sich mit Pflanzen auskennt. Das Tageshonorar beträgt 10 Euro. Sie ist auch universeller einsetzbar, kann auch Hausarbeiten wie putzen und kochen gut verrichten. Wir sind eigentlich sehr zufrieden.

Gruß
Siggi
Oryx
Beiträge: 667
Registriert: Mo Jun 18, 2007 10:54 am
Wohnort: Namibia

Beitrag: # 47027Beitrag Oryx »

Wenn man hier jemand Zuverlässigen findet, und das ist natürlich durchaus möglich, für Ausländer aber manchmal etwas schwierig, kann man hier auch zufrieden sein. Ich kenne etliche Namibiadeutsche, die seit 30 Jahren dieselbe Haushaltshilfe haben, die sie allerdings meistens ausgesprochen schlecht bezahlen und ausbeuten (damit meine ich z.B. 15 Std. Arbeit am Tag, die Hilfe wohnt natürlich auf dem Grundstück, und kein Wochenende, kein Urlaub, aber dafür bekommt sie dann großzügige 350 Namibia-Dollar (ungefähr 35 Euro) im Monat, wobei die Lebenshaltungskosten nicht wesentlich niedriger liegen als in D), und auch sehr zufrieden sind. Insbesondere gilt das natürlich für diejenigen, die ihre Hausangestellten noch vor der Unabhängigkeit gefunden haben. Diese älteren Frauen lassen sich viel mehr gefallen als die jüngeren, die ins andere Extrem fallen und zwar Geld verlangen, dafür aber nicht arbeiten wollen.

Ihre Erziehung beinhaltet so etwas meist wirklich nicht, da hast Du recht, Arnego. Erziehung bedeutet hier, die Kinder müssen sich selbst versorgen. Was bei der Anzahl der Kinder pro Frau oder pro Familie auch nicht verwundert, denn die alle zu erziehen, schafft man ja gar nicht. Die laufen eben einfach so mit, ohne dass jemand sie viel beachtet. Die Schulausbildung ist ähnlich. Die Kinder gehen von der Schule ab, ohne die englische Sprache, die hier in Namibia Amtsprache ist, richtig schreiben oder lesen zu können. Und der Rest der Fächer wird ähnlich stiefmütterlich behandelt in den Regierungsschulen. Nur die Privatschulen garantieren eine gute Ausbildung, aber selbst dort haben die Lehrer jetzt mit Disziplinproblemen zu kämpfen, weil die Kinder zu Hause eben auch nicht erzogen werden, obwohl die reichen Schwarzen, die ihre Kinder auf solche Schulen schicken, eigentlich dafür sorgen könnten. Aber sie sehen keinen Sinn darin. Kinder werden nicht erzogen, die werden eben einfach so nebenbei groß. Nur was die Erwachsenen tun, ist wichtig. Kinder sind egal. Und das übernehmen die Kinder natürlich dann, sobald sie groß genug dazu sind. Diese Gleichgültigkeit und Gefühllosigkeit und dieses "Ich, Ich, Ich". Woher sollen sie auch etwas anderes kennen?

Am besten wäre es, die Kinder von ihren Eltern zu trennen und separat zu erziehen, aber das geht natürlich nicht. Wenn man dann aber sieht, wie unhöflich und respektlos die Eltern beispielsweise vor ihren Augen mit Lehrern umgehen, dann wundert man sich nicht, dass die Kinder aus der Schule geworfen werden, weil sie keinen Respekt vor den Lehrern haben und nicht lernen wollen. Schwarze Eltern, wenn sie Geld haben, denken, sie geben ihre Kinder einfach in der Schule ab, und die machen das schon. Hier ist es an den Privatschulen üblich, dass die Eltern sehr viel einbezogen werden, das geht von Kuchen backen für den Wandertag über Basteleien für den Basar oder Spenden in Form von Oryxkeulen für irgendwelche Feste bis zu Geldsammelaktionen. Interessant ist, dass bei solchen Veranstaltungen die Weißen fast unter sich sind. Es gibt einzelne schwarze Eltern, die sich beteiligen (und sich oft auch über die gleichgültigen schwarzen Miteltern beklagen), aber die meisten interessiert das nicht. Und ebenso, wie ihre Eltern sich nicht für die Schulausbildung ihrer Kinder interessieren, interessieren sich dann natürlich auch die Kinder nicht dafür.

Da versuche ich einzuhaken und den Kindern klarzumachen, dass Schulausbildung, Ausbildung generell, wichtig ist. Und ich hofffe, wenigstens ein paar Kinder begreifen das. Wenigstens die Mädchen, die sowieso benachteiligt sind. Bei den Jungs ist ab einem gewissen Alter sowieso Hopfen und Malz verloren, weil sie zu Hause sehen, dass die Männer alles bekommen, indem sie es sich einfach nehmen. Deshalb ist der Missbrauch in der Familie hier auch so ein großes Thema. Manchmal hat man das Gefühl, diese Männer sind wie Tiere. Oder eigentlich schlimmer. Denn die meisten männlichen Tiere schlagen und vergewaltigen ihre Frau und ihre Kinder nicht jeden Tag.

Aber man muss eben immer den Unterschied zwischen den Schwarzen und den Weißen sehen. Wenn Du hier in dem Land leben würdest, würdest Du nicht nachts durch Katutura laufen (was nicht zu empfehlen ist), sondern Dich wohl eher in sicheren Gebieten aufhalten. Aber man kann natürlich nicht einfach so herumlaufen und annehmen, dass nichts passieren wird. Die Krim muss ja das reinste Schlaraffenland sein, dass das bei Euch noch geht und es keine Kriminalität gibt. :) Ich würde nicht einmal in Deutschland nachts an einsamen Flußläufen oder Stränden entlanggehen. Ich denke, die Gegenden, wo das noch möglich ist, kann man an einer Hand abzählen.
artep

Freiheit in Blg

Beitrag: # 47029Beitrag artep »

Hy an alle
habe nun schon zum 2. Mal das Tor zum Grundstück aufgelassen, Alarmanlage haben wir auch für den Wohnbereich nur NICHT!!! eingeschaltet, nichts aber auch garnichts ist hier je passiert. Wir haben unsern Partyraum
( klein und noch nicht fertig) immer offen da stehen, usere KASSEN mit nicht wenig Geld und wir haben viele Arbeiter hier, auch Gipsys nicht ein Lewa ist weg. Hier ist das kein Problem. Die Garage steht offen bis abends mit allen super Werkzeug von Micha --alles ist noch da. Nema problema zumindestens hier in Zornitza.
Benutzeravatar
arnego2
Moderator
Beiträge: 2135
Registriert: Di Feb 17, 2004 6:51 pm
Wohnort: Venezuela, Insel Margarita, Porlamar
Kontaktdaten:

Beitrag: # 47030Beitrag arnego2 »

Nun ja das ist kein Argument, ich habe mindestens 5 mal die Tuer vergessen abzuschliessen. Also die Tuer war praktisch problemlos von aussen zu oeffnen was aber nicht heissen das es sicher ist wo ich lebe.

Hier vertreten eigentlich fast alle Eltern die Meinung das die Schule erzieht. Diejenigen die es sich leisten koennen behueten ihre Nachkomlinge als wenn es Goldene Eier waeren. Der Mensch hat anscheinend vergessen das wir durch Erfahrungen zu Erwachsenen werden, nicht durch die 18 Jahre die wir alt werden. Hier fuehren sich 30, 40, 50 bis 80 Jaehrige auf wie in einem Kindergarten.

Nachdenken, so etwas gibt es leider nicht (mehr)
Moderatorenlink: arnego2
makis

Beitrag: # 47036Beitrag makis »

Ich kann Oryx grundsaetzlich Recht geben in dem was sie schreibt. Allerdings muss ich auch dazu sagen dass wir mit unseren Hausangestellten riesiges Glueck gehabt haben. Unseren Gaertner haben wir praktisch von unserem Hausvorbesitzer uebernommen, er ist angelernt worden von einer Deutschen, und er ist fuer hiesige Verhaeltnisse absolut zuverlaessig. Wir haben ihn nun seit fast sechs Jahren, und nichts, aber auch gar nichts ist bis jetzt weggekommen. Im Gegenteil, er warnt uns dass wir die Garage nicht so offen stehen lassen sollen weil man das von der Strasse aus sehen koenne...
Meine Fee arbeitet das fuenfte Jahr bei uns. Sie wurde mir von einer Freundin empfohlen. Sie hat Kinder, deshalb kann es ab und zu vorkommen dass sie nicht kommt weil eins davon krank ist, aber dann stand sie im letzten Monat am darauffolgenden Tag vor der Tuer. Ich habe den Eindruck dass sie gerne bei uns arbeitet, obwohl der Verdienst in anderen Stadtteilen hoeher waere. Soll heissen wir bezahlen eben nicht aussergewoehnlich gut...
Kredit wollen beide nur in Ausnahmefaellen. Unseren Gaertner haben wir dahingehend beraten sich jeden Monat einen Betrag zurueckzulegen damit er im Dezember ins Ovamboland fahren kann, dafuer hatte er sich naemlich am Anfang Geld von uns geliehen (und die folgenden Monate auch abgearbeitet). Ausserdem bekommen beide von uns im Dezember eine Art Weihnachtsgeld, und solange Urlaub wie sie moechten.
Auch meine Fee nimmt nichts, aber auch gar nichts mit was ihr nicht gehoert ohne mich zu fragen. Selbst offensichtlich kaputte und weggeworfene Dinge nicht.
Nachdem was Oryx hier geschrieben hat bin ich doppelt und dreifach dankbar dass wir es so gut getroffen haben.
Ich moechte der Vollstaendigkeit halber mal noch anmerken dass auch viele Angehoerige der weissen hiesigen Bevoelkerung die Arbeit nicht wirklich erfunden haben....

Was nun die Erziehung angeht: das ist wirklich kein afrikanisches Problem.
Ich hatte in Deutschland bedingt durch meinen Beruf und weil ich ja selber Mutter bin einigen Kontakt zu anderen Eltern. Diese Gleichgueltigkeit, dieses Sich-selbst-ueberlassen-werden, und der Anspruch an Kindertagesstaetten und Schulen, das alles findet man auch in Deutschland. Wir hatten im Kindergarten meines Sohnes drei Bastelabende wo Geschenke fuer die eigenen Kinder hergestellt wurden - man fand dort immer dieselben Eltern, und immer dieselben glaenzten durch Abwesenheit. Die gleichen Eltern die mir zur Baby- und Kindergartenzeit vorwarfen zu streng zu sein zu meinem Sohn jammerten in der Schulzeit und Pubertaet darueber wie unmoeglich ihr Nachwuchs sei. Komischerweise erhoffen sich solche Eltern zwar von der Schule dass ihre Kinder Erziehung bekaemen, stehen aber wirklich Disziplinarmassnahmen an sind sie die ersten die ihre "Brut" bis aufs Messer verteidigen. Wahrscheinlich weil sie sonst zugeben muessten dass sie als Eltern versagt haben...
Ein besonders krasses Beispiel falsch verstandener Erziehung stellt fuer mich eine hiesige Privatschule dar an der koerperliche Zuechtigung durchaus ueblich ist. Ich vertrete folgende Meinung: Kinder muss man erziehen solange sie noch klein sind. Dazu gehoert auch mal ein Klaps auf den Po oder auf die Finger (bevor sich jemand aufregt: ein KLAPS, keine Pruegel. Er muss nicht mal weh tun, das ist ueberhaupt nicht noetig), aber vor allem Konsequenz und viel viel Zuwendung (nicht gleichsetzen mit Liebe, oder schlimmer noch Affenliebe - Zuwendung heisst Anleitung, Beschaeftigung mit dem Kind, Interesse fuer das Kind). Wenn man das die ersten drei Lebensjahre beherzigt hat man es danach sehr viel leichter das Kind zu fuehren. Dann ist man weder auf die Schule angewiesen noch auf Schlaege. Dann hat man eine gesunde Vertrauensbasis auf der man mit dem Kind vernuenftig arbeiten und kommunizieren kann, auch in schwierigen Phasen wie der Pubertaet.
Leider sind viele Eltern (schwarze, weisse, europaeische, afrikanische, arme und reiche) dazu entweder zu bequem oder zu beschaeftigt. Arme Eltern ueberlassen ihre Kinder irgendwelchen Verwandten oder Bekannten weil sie arbeiten gehen muessen, reiche Eltern kaufen ihren Kindern immer das neueste elektronische Spielzeug, dann sind sie fuer eine Weile ruhig und stoeren nicht so.
Das Schlimme hier in Namibia ist, dass es sehr wohl funktionierende familiaere Strukturen und auch Moral gab (Dieben wurde die Hand abgehackt, zb). Aber seit der Landflucht, und AIDS, sind es nur noch kleine Familien die in einer relativ ungesunden Gemeinschaft leben. Kaum noch aeltere Familienmitglieder die sich um die Kinder kuemmern koennten waehrend die jungen arbeiten gehen, die ihnen Respekt beibringen, und Ehrlichkeit.
Dazu kommt dass die heutigen technischen Errungenschaften auf die relativ unvorbereitete naive und kritiklose Seele der Einheimischen treffen. Sie sind ja selber fast wie die Kinder, und meinen sie bekaemen Anschluss an die erste Welt wenn sie ebenso wie diese dem Konsum huldigen....welch ein Trugschluss, und welche Verschwendung...

Was die Sicherheit angeht: Ich wuerde mich schon trauen abends in unserem Viertel herumzuwandern, es gibt nur keinen Grund dazu ^^
Auf der Farm machen wir immer mal eine Nachtwanderung, da fuehl ich mich auch sicher.
Hab vorgestern im Finanzministerium (wo wirklich viel Publikumsverkehr herrscht) meine Sweatjacke auf dem Stuhl vergessen auf dem ich gewartet hatte. Nach einer guten Dreiviertelstunde hab ich nachgeguckt, und siehe da, sie war noch genauso da wie ich sie verlassen hatte.
In einem Restaurant hab ich meinen Geldbeutel verloren. Wir hatten dort Vereinssitzung, somit waren wir lange dort, und als wir nach fuenf Stunden heimgehen wollten erkannte uns einer der Kellner die uns draussen auf der Terrasse bedient hatten und fragte ob wir zufaellig einen Geldbeutel vermissen. Nichts daraus hat gefehlt...ich konnte nicht anders, ich musste den jungen Mann einfach druecken.
Mein Auto hab ich schon mehrfach vergessen abzuschliessen - mein Canopy hinten sperr ich grundsaetzlich nicht ab. Hatte noch nie Probleme.
Ich denke, in Namibia haben wir es immer noch gut. Die Kriminalitaet mag gestiegen sein, aber es waere wohl ein Wunder wenn es nicht so waere, und trotzdem ist sie immer noch auf einem Level dass man sich sicher und wohl fuehlen kann hier, jedenfalls fuehle ich so.
Antworten

Zurück zu „Südliches Afrika“