Investitionen und Steuern in UA

Rußland, Estland, Lettland, Weißrußland, Littauen, Ukraine, Moldawien
und was wir vergessen haben, sorry.

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Siggi!
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Investitionen und Steuern in UA

Beitrag: # 13408Beitrag Siggi! »

Investitionen:
Eine recht gute Einführung in das Gesellschaftsrecht, Immobilienrecht, Arbeitsrecht, Rahmenbedingungen und das Besteuerungssystem findet man bei der
IHK NRW. Auch diese Kurzübersicht zum Immobilien und Grundstückserwerb ist empfehlenswert.
Achtung: Gesetze ändern sich in UA noch schneller als in D. In einigen Teilen kann die Information (Stand 2004) daher schon veraltet sein. Kurzzusammenfassung: Körperschaftsteuer 25%, Mehrwertsteuer 20%, Einkommensteuer 15%, Ausländer dürfen Immobilien, jedoch keine landwirtschaftliche Nutzfläche erwerben (Änderung in Vorbereitung). Ausländer dürfen gegenüber ukrainischen Staatsangehörigen nicht diskriminiert werden. Zu betonen ist, dass die Steuergesetze sogar Zahlungen an off-shore Unternehmen zu 80% als Betriebsausgabe anerkennen. Beweislastumkehr, erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten, Hinzurechnungsbesteuerung, alle diese Dinge existieren nicht. Somit existieren Bedingungen (wie in D in den 60er Jahren), die die Gewinnverlagerung in Steueroasen ermöglichen.

Einkommensteuer der natürlichen Person:
Hier hat die Ukraine (wo man in D nur von Steuervereinfachung redet) einen radikalen Schnitt gemacht. Seit 2004 wurde das progressive Besteuerungssystem durch ein System mit Flat Tax ersetzt. Das Steuergesetz ist so einfach, dass der Steuerpflichtige seine Steuern selbst berechnen muss (und dies auch kann): Man zahlt eine Einkommenssteuer von 15% (zuvor 13%). Werbekostenpauschale, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle, geldwerter Vorteil, Ehegattensplitting, Freibetrag, alle diese Begriffe existieren nicht. Beispiel: Zu versteuerndes Einkommen 1000 Euro = 150 Euro Steuerschuld. Steuerfrei sind private Veräußerungen von Immobilien (unter 100qm) und Einkünfte aus Kapitalvermögen (zunächst bis 2009).

Das vereinfachte Besteuerungsverfahren
Das ist das absolute Sahnehäubchen! Für natürliche Personen-Unternehmen wird bis zu einem Umsatz von 500TUAH (ca. 74TEuro) oder für juristische Personen-Unternehmen bis 1MUAH (ca. 147TEuro) auf Antrag das so genannte vereinfachte Besteuerungsverfahren angewendet werden. Jetzt wird weder Körperschaftsteuer noch Einkommenssteuer entrichtet, sondern eine konstante gewinnunabhängige(!) Steuer, die 200UAH pro Monat (ca. 370 Euro pro Jahr) bei natürlichen Personenunternehmen nicht übersteigen darf! Ab 300TUAH wird der Umsatz ggf. Mehrwersteuerpflichtig. Die Umsatzgrenzen gelten pro Person, jeder Ehepartner kann ein Privatunternehmen haben. Dadurch lassen sich die Umsatzgrenzen verdoppeln.

Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
Zwischen D und UA existiert seit 1995 ein DBA. Das DBA ist dann wichtig, wenn eine Person in beiden Staaten einen Wohnsitz hat oder im einen Staat Einkünfte erzielt und im anderen Staat ansässig ist. Dies macht Gestaltungen der folgenden Art möglich: Ein Geschäftsführer einer deutschen GmbH geht mindestens 183 Tage im Jahr seiner Tätigkeit in der Ukraine nach. Nun versteuert er seinen Arbeitslohn für die Tätigkeit, die in der Ukraine erbracht wurde auch dort zu 15%, anstatt in D 50% Steuern (inkl. Sol. Zuschlag und Kirchensteuern) in der Spitze zu zahlen. Durch die Tätigkeit des Geschäftsführers in UA wird automatisch aus steuerlicher Sicht auch eine Betriebsstätte in UA gegründet und der anteilige Gewinn ist in UA zu den dortigen, niedrigeren Steuersätzen zu versteuern. Auch Lizenzzahlungen sind laut DBA privilegiert.

Gruß
Siggi
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Siggi!
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Beitrag: # 41177Beitrag Siggi! »

Im Moment ist eine Änderung des Steuersystems in Vorbereitung. In erster Lesung wurde das Gesetz bereits angenommen. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Änderungen zum 1.1.2011 in Kraft treten.

Die Gewinnsteuern sollen von 25% schrittweise auf 16% in 2014 gesenkt werden. Das vereinfachte Besteuerungssystem soll entfallen. Übergangsweise soll es für 5 Jahre für KMU mit bis zu 3M UAH Jahresumsatz (ca. 300'000 Euro) eine Gewinnsteuer von 0% geben!

Wenn das durchkommt, kann man also innerhalb von 5 Jahren ca. 1,5 M Euro steuerfrei in UA vereinnahmen! Ich werde berichten, wenn es amtlich geworden ist! Für Personen, die ihr Geld überall auf der Welt verdienen können, hat UA dann den Status einer klassischen Steueroase, aber im Gegensatz zu diesen ein DBA mit den wichtigsten Industrienationen, u.a. auch DE! Da tun sich ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten auf! :lol:

Gruß
Siggi
coacher
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Beitrag: # 41339Beitrag coacher »

Das wäre in der Tat extrem interessant.
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Beitrag: # 41914Beitrag coacher »

Hi Siggi,
gibts da schon was neues? Meine Freundin mag am meisten Kosice in der Slowakei. Und von da ist es ja nur noch ein Katzensprung zur Ukraine.
Gruß, Andreas
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Siggi!
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Beitrag: # 41919Beitrag Siggi! »

Hallo Andreas,

der Präsident hat sein Veto gegen die Steuerreform eingelegt. Ich denke, man muss warten, bis alles ein trockenen Tüchern ist.

Die Grenzregion zu Slowakei kenne ich nicht. Hast Du Dir schon einmal die andere Seite angeschaut? Ist das ein starker Kontrast? Würde Deine Freundin dies mögen? Ich kenne wirklich niemanden, der in UA lebt und keinen Familienanschluß dort hat.

Gruß
Siggi
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Beitrag: # 42315Beitrag coacher »

Hi Siggi,

1.1.2011 ist ja schon rum. Wie ist denn jetzt der Stand?

Würde mich schon mal interessieren.
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Siggi!
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Beitrag: # 42319Beitrag Siggi! »

Hier die letzte mir bekannte Meldung zu diesem Thema:
Steuerreform gescheitert

Gruß
Siggi
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arnego2
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Beitrag: # 42320Beitrag arnego2 »

Hallo
Nach Einschätzungen der Weltbank hat die Ukraine nach Belarus und Venezuela das drittschlechteste Steuersystem der 183 gelisteten Länder.
Na wenigstens hier haben wir mal was voraus :lol:

Saludos
Arnego2
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Siggi!
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Beitrag: # 42322Beitrag Siggi! »

Fragt sich nur, was in diesem Zusammenhang "schlecht" bedeutet. Ich vermute, schlecht für den Staat. Dabei wird aber gern übersehen, dass die Steuermoral eine ganz andere ist. Würde man rund 50% Spitzensteuern wie in DE einfordern, würde die Steuermoral noch schlechter werden, als sie ohnehin schon ist.

Ein Beispiel von einem Bekannten. Er ist Grafik-Designer und arbeitet nur für große Unternehmen. Er hatte noch nie ein Gewerbe angemeldet, alles geht schwarz, seit Jahrzehnten. Großunternehmen haben kein Problem damit ihre Lieferanten schwarz zu zahlen, da ganze Warenströme nur schwarz durch das Land fliessen. In UA ist es normal, dass jeder Arbeitnehmer einen weißen und einen schwarzen Lohnanteil bekommt. Es besteht zwischen allen Beteiligten Konsens, dass es ein Unding wäre, den gesamten Lohn den Sozialabgaben und den Steuern zu unterwerfen. Die Prüfer des Finanzamts und der Sozialversicherung sehen gegen eine kleine Gebühr einfach weg. Die Gebühr teilt er sich mit seinen Vorgesetzten. Diese Geldströme gehen bis ins Ministerium. Selbst Spitzenpolitiker deklarieren lächerliche Beträge in der Einkommenssteuererklärung (die öffentlich ist). Die Villen die sie bewohnen befinden sich selbstverständlich im Besitz von Off-Shore Firmen mit unbekannten Eigentümern, die über Treuhänder verwaltet werden. Wenn solche Strukturen seit Jahrzehnten existieren, kann man nicht einfach mit westlichen Denken Reformen fordern.

Um es also pauschalierend zu sagen: Die Ukraine ist ganz anders. Viele bezahlen keine Steuern oder genauso viel, wie sie selbst meinen. Je weiter unten man sich befindet, je wichtiger ist das Gesetz und je höher ist der reale Steuerdruck. Ab dem Mittelstand werden die Steuergesetze unwichtig, diese Leute zahlen fast gar nichts.

Gruß
Siggi
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arnego2
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Steuern

Beitrag: # 42324Beitrag arnego2 »

Hallo Siggi,
Steuern und sie bezahlen wollen. Hier gibt es eine Steuerpflicht fuer alle die mehr als 1000 Steuereinheiten pro Jahr einnehmen. 15% zahlt man da. Ich gehe zu meinem Steuerberater einmal pro Jahr und er fragt mich wieviel ich denn dieses Jahr zahlen moecht.

Alle diejenigen die weniger als die 1000 Steuereinheiten (65bsf) verdienen muessten zumindest eine Erklaerung abgeben wieviel sie machen und wo es herkommt. Macht so gut wie keiner. Als Auslaender kann ich nur raten zumindest die Erklaerung abzugeben oder so wie ich pro Jahr ca 100 bis 300 Euro an Steuern mit einzuplanen. Man gehoert nun mal zu einer kleinen Gruppe die man leichter kontrollieren kann.

M-f-G
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Zuletzt geändert von arnego2 am Di Feb 01, 2011 8:29 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag: # 42325Beitrag coacher »

"Ab dem Mittelstand werden die Steuergesetze unwichtig, diese Leute zahlen fast gar nichts."

Ab welchem Jahreseinkommen gehört man zum Mittelstand???
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Siggi!
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Beitrag: # 46393Beitrag Siggi! »

Neue Anforderungen an die Einheitssteuerzahler
Der Steuersatz für die Unternehmer der I. und II. Kategorie ist fix und wird jedes Jahr von den örtlichen Räten nach der Tätigkeit bestimmt und beträgt jeweils 1-10 % und 2-20 % des minimalen Gehaltes zum Stand am 1. Januar des Berichtsjahres (zum 1. Januar 2012 beträgt das Minimalgehalt UAH 1.073,00).
Quelle: http://ukraine-nachrichten.de/neue-anfo ... tteilungen
Im Klartext, max. 200 UAH (weniger als 20 Euro monatlich) beträgt die pauschale Steuer bis zu einem Umsatz von knapp 100'000 Euro. Die Ukraine bleibt weiterhin eine Steueroase für Kleinunternehmer.
Die Einkommenssteuersätze für die III. und IV. Kategorie hängen von der Entrichtung der Umsatzsteuer ab: 3 % vom Einkommen, wenn der Unternehmer die USt. zahlt und 5 % vom Einkommen, wenn der Unternehmer die USt. nicht zahlt.
Max. beträgt die Steuer 5%, wenn der Umsatz knapp unter einer halben Million Euro liegt. Das ist weniger als in jedem EU Land! Bemerke: Die Steuer wird auf den Umsatz, nicht auf den Gewinn entrichtet. Ideal für Dienstleister!

Gruß
Siggi
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