Hallo,
mich hat die Liebe nach Österreich verschlagen und ich lebe inzwischen seit knapp 7 Monaten in Wien. Ich bereue den Schritt auch keine Sekunde. Ich wurde von seiner Familie sehr herzlich aufgenommen und auch von allen anderen stets freundlich behandelt.
Es stimmt schon, dass die Österreicher den Deutschen gegenüber zunächst nicht so offen sind wie ihresgleichen gegenüber. Aber aus meiner Erfahrung heraus, liegt das eher daran, dass sie keine Veränderungen mögen und nicht daran das wir Deutsche sind.
Sein Papa zum Beispiel fragte ihn, bevor er mich kannte, warum er sich ausgerechnet eine Deutsche rüberholt. Wieso er nicht eine von hier nehmen kann. Das änderte sich schlagartig als er mich kennen lernte. Ich werde von seinen Eltern und seiner Familie behandelt als wenn ich schon immer dazu gehören würde. Insbesondere seine Eltern bemühen sich sehr, dass ich mich hier wohl fühle. Als Schwiegertochter wurde ich dann auch schon auserwählt. Habe scheinbar auch die Ehre die erste zu sein, die seine Eltern in der Hinsicht erwählten.
Klar muss ich mir "piefkonier" Witze anhören. Aber stets in einer liebevoll neckenden Weise. Wenn ich zum Beispiel nachfragen muss wenn ich etwas nicht verstanden habe, kommen Aussagen wie "Kannst immernoch kein Deutsch?" Aber halt immer mit einem Schmunzeln dabei.
Auf der Arbeit das selbe Spiel. Zunächst waren alle etwas zurückhaltend. Aber das legte sich sehr schnell. Bin natürlich als einzige Deutsche dort das Ziel von Frotzeleien. Aber niemals bösartiger Natur. Immer nur lieb gemeinte Neckereien.
Mich hat mal jemand den ich nur flüchtig kennen gelernt habe gefragt, ob ich hier jemals Probleme hatte mit Österreichern die sich mir gegenüber Abweisend verhalten hätten wegen meiner deutschen Staatsbürgerschaft. Als ich das verneinte schaute er recht nachdenklich und meinte: "Das liegt wohl daran das Sie so nett sind und Interesse an unserem Land und den Menschen zeigen."
Ein gutes Beispiel zum Thema "unerwünschte Deutsche" habe ich auch noch. Ich kenne eine Person, welche man doch eher zur "Ich möchte keine Ausländer (und das sind wir Deutschen hier, auch wenn wir deutsch sprechen!) hier haben" Fraktion zählen könnte, wenn man sie reden hört. Die Person war nicht sonderlich begeistert, als sie hört dass mein Zukünftiger mich "einschleppt". Was soll ich sagen. Ich habe diese Person kennen gelernt und seit dem hat sie ihre Meinung schlagartig geändert.
Treff ich diese Person zufällig, werde ich in ein endlos langes Gespräch verwickelt ob es mir hier auch ja gut geht und mein Freund mich auch ja gut behandelt.
Soviel zu dem Thema. Es gibt sicherlich Österreicher die wirklich etwas gegen Deutsche haben, aber der Großteil mag einfach die Veränderung nicht und hat nur Bedenken vor dem was er nicht kennt.
Ich denke in Wien lässt es sich als deutscher Bürger gut leben, insofern man sich auch entsprechend verhält und dem Land und seinen Bewohnern gegenüber interessiert und freundlich gegenüber tritt.
Wer eine Weile in Wien gelebt hat (ich nehme an im restlichen Österreich ist es ähnlich) wird relativ schnell merken, dass es sprachlich einige Satzbauten gibt, die einem deutschen die Nackenhaare aufstellen und man am liebsten den Satz korrigieren möchte. Sollte man jedoch tunlichst lassen. Denn hier ist die "Deutschland-Variante" die falsche. Da manch ein Deutscher das und andere "besserwisserische Verhaltensweisen" nicht beherzigt, haben wir ein wenig den Ruf erhalten ein arrogantes Volk zu sein. Was natürlich nicht gern gesehen wird.
Die sprachlichen Unterschiede sind eh sehr interessant, wenn man bedenkt, dass beide Länder deutsch sprechen. Was für die Deutschen ein Kissen ist, ist für die Österreicher ein Polster und umgekehrt. Oder was für Deutsche eine Weste ist, ist für die Österreicher ein Gilet. Für die Österreicher wiederum ist eine Weste das was wir als "dünne" Jacke bezeichnen würden. Wir sprechen halt doch nur piefkonisch aus Sicht der Österreicher.
Drollig finde ich auch, dass die Österreicher (oder sinds nur die Wiener?) das "er" als verschlucktes "a" aussprechen. Wie bei dem SackERl (Tüte) oder dem HäfERl (Tasse).
Lässt man die sprachlichen Unterschiede weg und auch die unschönen Wortgebilde wie "Geh scheissn" finde ich die Sprache gediegener als die Sprache in Deutschland. Wie z. B. das es statt "meine Frau", "meine Gattin" heisst. Klingt viel netter, oder?
Ich liebe Österreich, ich liebe Wien, ich liebe die Sprache und auch die Menschen hier. (... und den SK Rapid Wien!

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Das einzige was hier nicht so schön ist, ist das Thema Arbeit. Ich habe einen Job. Aber da diese Tätigkeit mich mehr als nur unterfordert bin ich natürlich auf der Suche nach einem Job der zu mir passt. (Die Arbeit habe ich von Anfang an als vorübergehende Tätigkeit angenommen bis ich was besseres finde und das weiss mein Arbeitgeber auch. Irgendwoher muss ja das Geld für die Semmeln kommen.

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Bisher war die Suche leider erfolglos. Ich hatte zwar schon einige Vorstellungsgespräche aber leider hat es nie geklappt. Auf nachfragen hin hiess es dann oftmals dass ich einen sehr guten Eindruck hinterlassen habe, aber dass jemand gefunden wurde, der den Anforderungen noch besser entsprach als ich.
Trotz der höheren Arbeitslosenquote in Deutschland brauchte ich dort nicht länger als ein oder zwei Vorstellungsgespräche um einen Job zu bekommen den ich haben wollte.
So langsam frage ich mich ob es daran liegt, dass ich keine Österreicherin bin. Ich hab gute Arbeitszeugnisse und insbesondere das letzte ist mehr als sehr gut (ja meinem alten Job trauer ich manchmal schon ein wenig nach ... Schnuff ... ) und qualifiziert bin ich auch für die Jobs auf die ich mich bewerbe. Also kann es ja eigentlich nur noch an meiner Person liegen, oder?
Mein Zukünftiger meinte zu dem Thema, dass es nicht an mir als Person liegt. Das ich aber nicht vergessen darf, dass ich jetzt eine Ausländerin bin und es schon durchaus sein kann, dass Österreicher bevorzugt werden.
Nun habe ich euch genug erzählt.
Ich wünsche euch noch einen angenehmen Tag!
Die Marmelade, geborene Marmeladingerin.
p.s.: Sollte jemand Fragen zur Übersiedlung nach Wien von Deutschland aus haben, helfe ich gern.