ich bin nun schon mehrfach per PN gefragt worden, wie es mir in S'pore gefällt, wie man an Arbeit in S'pore kommt und wie das Leben so hier ist. Allen habe ich geantwortet, dass ich solche Fragen nicht per PN beantworte sondern öffentlich mal ein paar Punkte dazu äußern werde.
Da nun meine Zeit durch die Arbeit etwas begrenzt ist und ich natürlich auch von dieser Stadt und deren Umgebung etwas erleben möchte, werde ich hier also sporadisch den einen oder anderen Punkt mal zum Besten geben. Viele "kennen" die Stadt durch einen Stopp-Over und haben die vielen bunten Läden, Malls und Restaurants (Hawker) bewundert, gesehen und besucht. Das "Shop till you drop"- Erlebnis ist aber nur ein kleiner Teil dieser Stadt, der auch schon gleich einen Einstieg in die Auswandererfrage bietet. Wie verdient man sich hier eigentlich das nötige Kleingeld, um an dieser schönen (Alp)Traumwelt teilhaben zu können?
Um es gleich vorweg zu nehmen: Niemand - aber auch überhaupt niemand wartet hier auf die Deutschen.

Wer nicht eine Stelle mitbringt oder ein Gewerbe eröffnet, sollte auch nicht im Traum überlegen, ob er hier einen örtlichen Job bekommt oder sich anderweitig hier niederlassen kann.
Wer hier bleiben will, benötigt eine Arbeitsstelle oder jemand in der engsten Verwandtschaft (Ehepartner, Vater, Mutter), der eine solche Arbeitsstelle (mind. $S 2.500/Monat) hat, die nicht von einem Einheimischen besetzt werden kann. Nur dann kommt man in den Genuss eines Employment- oder Dependat's Passes, welcher es erlaubt hier eine Wohnung anzumieten und längere Zeit zu leben. Im ersten Anlauf bekommt man dann eine Genehmigung für ein Jahr, die dann verlängert wird/werden kann, wenn eine Arbeitsstelle nachgewiesen wird. Ausgenommen sind Studis, welche mit einem Studienplatz, einem Praktikumsplatz und einem Bürgen ein Studenten-Visum erhalten können.
Hört sich hart an, ist es auch!

Daher besteht der größte Teil der ortsansässigen Expats aus von ausländischen Firmen nach S'pore versetzten Mitarbeitern ab der mittleren Führungsebene, Lehrern, Erziehern, Unipersonal und den Studenten und Praktikanten, die ich mal nicht als typische Auswanderer berücksichtige, da sie nur übergangsweise hier sind und idR nicht auf Dauer hier Leben , d.h. ihren Lebensunterhalt mit "eigenen Mitteln" bestreiten (zerreißt mich meinetwegen dafür). Mal eben mit dem Rucksack herkommen, ein paar Tage jobben und am Strand liegen geht hier nicht. Mal abgesehen davon, dass es hier eigentlich so richtig keinen Strand gibt

Dieser Personenkreis ist privilegiert und lebt auch in dementsprechenden Umständen. Ein Beispiel aus der Praxis gefällig? Gerne. Ich z.B. lebe hier in einem vollklimatisierten 220m² Appartement auf zwei Etagen in einem Condo mit Pool, Gärtner, Servicepersonal und noch einigen anderen Facilities. Für die Miete dieser Anlage in bevorzugter Wohngegend muss ein Einheimischer mit mittlerem Gehalt ($S 1.900-2.200) etwa zwei Monate arbeiten. Dabei ist das Condo, in dem ich lebe noch relativ günstig, wie der eine oder andere bestimmt wissen werden.
Wie machen die das nun? Die wollen ja auch am "schönen" Leben teilhaben und z.B. ein Auto besitzen, eine schöne Wohnung haben und shoppen gehen. Ja ganz einfach und hart zugleich. Die Leute haben hier teilweise zwei oder drei Jobs, malochen bis sie umfallen und leben so lange wie möglich bei den Eltern. Eine eigene Wohnung gibt es idR erst wenn geheiratet wird. Dann sind ja zwei Verdiener da, die sich eine staatlich subventionierte ETW kaufen und abzahlen können. Hier wohnen übrigens über 95% der Einwohner in einer eigenen Wohnung. Erstaunlich und meiner Ansicht nach respekteinflößend.
Ich habe hier einige einheimische Bekannte, die sind finanziell nicht annähernd so gut ausgestattet wie ich verwöhnter Europäer. Die haben dann halt keine Klimaanlage in der Wohnung und fahren nicht so oft im Bus, sondern Laufen die Strecken eben zu Fuß. Bei 30-34°C und einer Luftfeuchtigkeit von ca. 70-90% haben so genannte "Spaziergänge" in den Tropen die Qualität von "Durchschlageübungen", wie der eine oder andere sie aus seiner olivgrünen BW-Zeit kennt. Ich gebe "ungeübten" Europäern maximal 10 Minuten bis sie komplett durchgeschwitzt sind.
Da reicht das Geld dann eben gerade bis zum Monatsende, wenn nicht jemand krank wird. Der Arzt wird hier nämlich erst einmal vorher (!) aus der eigenen Tasche bezahlt und anschließend wird mit der Versicherung abgerechnet. Da ist dann schon mal die eine oder andere Leistung nicht versichert. Leute deren Einkommen nicht so hoch ist, nehmen dann einfach nicht an der schönen bunten Welt teil, weil sie das Geld für z.B. den Arzt, die Lebensmittel und die Schulbildung ihrer Kinder benötigen.
Vielleicht mal ein paar Gehaltsvergleiche?
Ein gutverdienender mittlerer Polizei- oder Grenzbeamter verdient hier etwa $S 2.500 (weniger als meine Miete). Eine Verkäuferin etwa $S 1.200, ein Wachmann etwa $S 1.600. Halbtagsjobs für Erzieher werden mit etwa $S 1.100 vergütet, Bauarbeiter idR ungelernte Tagelöhner bekommen hier $S 600-800 und Maids (Haushaltshilfen) verdienen hier um die $S 500 (inkl. Essen und "Unterkunft"). Na das sind doch schon mal Hausnummern, oder?:shock:
Jetzt fragen sich bestimmt einige hier im Forum - ja spinnt denn der? Will der uns Singapore madig machen? Wieso ist der denn dort, wenn da alles sooo schei*** ist?
Ist es ja eben nicht. Im Gegenteil ist der Ort total schön, interessant und abwechslungsreich - wenn man es sich leisten kann. Wer das nicht kann, für den kann das hier ganz schnell zur Hölle werden. Wer will schon, wenn er hier den ganzen Tag arbeitet sich nicht wenigstens ein schönes Wochenende leisten können. Glaubt mir ruhig, wenn ihr hier seid, arbeitet ihr auch den "ganzen" Tag. Die 40-Stunden-Woche ist hier ganz sicher nicht die Regel, auch wenn sie evtl. hier in eurem Arbeitsvertrag steht. Lange Rede kurzer Sinn. Wer hier gut leben will, muss gut verdienen. Das geht aber nur, wenn man Geld mitbringt oder idR eine Arbeitsstelle hat, die von einem ausländischen Unternehmen bezahlt wird. Örtliche Arbeitskräfte sind deutlich billiger, genügsamer, kommen besser mit dem Klima klar und werden sehr oft von einem Familienverband unterstützt. Alles Standortvorteile, die ein Expat nicht hat. Hier hilft nur die deutlich bessere Bildung (idR (Fach-) Hochschulabschluss), Mehrsprachigkeit in einem von einer ausländischen Firma oder Bildungseinrichtung benötigten Beruf weiter.
Handwerker sind hier idR schlecht ausgebildet. Sie werden angelernt und machen bestenfalls die eine oder andere Prüfung. Anschließend können sie sich nach einer gewissen Berufspraxis dann Maler, Elektriker, Gas- und Wasserinstallateur, etc. nennen. So sehen dann auch die ausgeführten Gewerke aus. Hier hilft nur asiatische Gelassenheit und gebetsmühlenartiges Wiederholen der Aufgaben, bis alles halbwegs so erledigt ist, wie man es sich vorgestellt hat. Einem hiesigen Mitarbeiter bzw. Handwerker sagt man nicht einfach "Häng mir mal das Bild dort auf". Nein hier muss konkret gesagt werden, welcher Nagel, wo in welcher Höhe, wie tief für welches Bild in welche Wand mit welchem Hammer reingehauen werden soll. Das ist jetzt zwar überzeichnet aber weitestgehend zutreffend. Hier sind Hierarchien derart hart strukturiert, dass eigenständiges Handeln, wie wir es in Europa gewöhnt sind, nicht im gewohnten Umfang stattfindet.
Andrerseits sind die Leute hier so freundlich und zuvorkommend, dass ich es am Anfang nicht glauben konnte, dass die hier wirklich so sind. Das ist nicht gespielt, die sind wirklich so! Manchmal regt einen das schon auf (natürlich hat er auch hier wieder was zu nörgeln). Wenn man mir nervigen Europäer, der wieder nichts begriffen hatte, entgegenlächelte, habe ich mir insgeheim schon manchmal gedacht "Nu' sag doch endlich was du wirklich von mir hältst!" Aber nein - man lächelte und fragte, ob es jetzt zu meiner Zufriedenheit sei! Ich hätte das nicht gekonnt - tja so sind sie halt

Natürlich ist dieser Kurzbericht - wie alle meine bisherigen und zukünftigen Ansichten und Schilderungen - von einer außergewöhnlichen Fehlerfreiheit, Objektivität, Vollständigkeit und Perfektion wie er seinesgleichen sucht. Von daher bringt auch Kritik Dritter, die sowieso nur sach- und wirklichkeitsfremd sein würde, überhaupt nichts

