Vorab ein kleiner Disclaimer:
Die folgenden Informationen stammen gaenzlich und ausschliesslich aus meiner persoenlichen Erfahrung und subjektiven Eindruecken! Es ist also eher als Meinung zu interpretieren, als als garantierte Faktensammlung! Bitte das Ganze entsprechend lesen
So. Wahrscheinlich ist die erste Frage, die man sich stellt (falls man meine anderen Posts gelesen hat): Warum bist du wieder zurueck?
Einfache Antwort: gibts keine
Komplizierte Antwort: Weil man - wenn man keine Ahnung hat von dem Land, in das man reist - unvermeidlich Fehler macht, die sich dann im Nachhinein als Genickbrecher erweisen koennen.
Was genau lief falsch?
Prinzipiell, so man keine Erfahrungen damit hat, wird definitiv
einiges falschlaufen, wenn man's so macht, wie ich.
Problem I - The dive into the cold water
Der Sprung ins kalte Wasser ist zwar aufregend, und in den ersten Monaten funktioniert das auch ganz ok (koennte man meinen), aber wenn man derart ungeplant versucht, auszuwandern, wird man schon allein mangels Orts- und Kulturkenntnis diverse Fehler machen, die in der Situation leider unvermeidlich sind. Daher meine Empfehlung: Nicht Hals ueber Kopf sagen "Ok, da ist das Land, dahin wandere ich aus.", das geht zu 100% in die Hose, wenn man das Land nicht kennt.
Gerade als westlicher Auslaender wird man in Laendern wie Indien immer als "Der Mann mit viel Geld" angesehen, das bedeutet, jeder Inder wird pauschal erst einmal versuchen, daraus Kapital zu schlagen. Voellig natuerlich, waere ja in Deutschland (oder wo auch immer) nicht anders. Da man aber als Auswanderer zwangslaeufig (glaube ich jetzt mal) ein fixes Budget hat, wird sich sowas als Fallstrick erweisen, speziell wenn's darum geht, sich die notwendigen Sachen vor Ort zu besorgen, z.b. Unterkuenfte oder Fahrzeuge (o.ae.). Verpflegung ist diesbezueglich nicht so dramatisch, aber alle anderen, teureren Sachen sind generell mit Vorsicht zu geniessen (siehe weiter unten, stichwort "Geldwert").
Problem II - Freundschaften
Klingt vielleicht merkwuerdig, aber gerade bei Laendern wie Indien muss man da verdammt auf der Hut sein. Nicht weil einem jeder Boeses will, das nun nicht, aber man muss immer im Hinterkopf haben, dass wir - als nicht-Inder - pauschal und permanent als "reiche Leute aus dem Westen" angesehen werden. Immer. Aus diesem Grund sind Freundschaften generell eine potenzielle Gefahr, und zwar aus folgenden Gruenden.
Wenn man (in Indien) eine Freundschaft mit einer Person eingeht, dann kann das kulturell bedingt Folgen haben, die langfristig eher eine Gefahr fuer das Unterfangen (sich niederzulassen) darstellen.
Nach meiner Erfahrung, die ich vor Ort gemacht habe, gehen eigentlich alle Inder (die jetzt nicht unbedingt zu den oberen 10000 zaehlen!) davon aus, dass man - weil man aus dem Westen kommt - automatisch reich ist. Das mag auf den ersten Blick vielleicht sogar stimmen, aber diese Erwartungshaltung kann einen langfristig in die Bredouille bringen, denn es werden einem wirklich viele Freundschaftsdienste erwiesen, jedoch wird natuerlich auch von einem erwartet, etwas zurueckzugeben. Und genau dieser Effekt ist das gefaehrliche, denn gerade bei tiefergehenden Freundschaften verwickelt man sich quasi automatisch in die sozialen Netze vor Ort, was letztendlich - vereinfacht ausgedrueck - die Ausgaben in die Hoehe treiben kann, und zwar ziemlich heftig. Wenn man - wie ich - mit einem fixen Budget ankommt, sollte man also seeehr vorsichtig sein, ob und mit wem man sich einlaesst.
Problem III - Der Geldwert
Eines der wichtigsten und zu gleich unloesbarsten Probleme. Mit Geldwert meine ich naemlich
NICHT den Umtauschkurs zw. Euro und $Zielwaehrung, sondern den realen Wert des Geldes vor Ort. Wiederum muss Indien als Beispiel herhalten. Umgerechnet sind 100 Rupien etwa 2 Euro (50:1 Rs:€). Der Geldwert bedeutet aber, dass man weiss, ob etwas - egal was - teuer oder guenstig ist. Is das Essen im durchschnittlichen Restaurant fuer 200 Rupien (4 €) jetzt teuer oder billig?
Der "Anfaenger" bzw. Tourist ohne Erfahrung wird natuerlich die 200 Rupien einfach in Euro umrechnen, und strahlend laechelnd in der Gewissheit, extrem billig gegessen zu haben, die Rechnung begleichen. Leider liegt der Tourist mit seiner Einschaetzung aber voellig falsch. 200 Rupien fuer 1 Essen (1 Person) sind fuer indische Verhaeltnisse naemlich alles andere als durchschnittlich, es ist quasi masslos ueberteuert.
Unfortunately noone can be...told...what the matrix is. You have to see it for yourself.
Und genau hier liegt das Problem. Man kann einfach keine Faustregel aufstellen, um das "Gefuehl" dafuer zu bekommen, ob man fuer eine Sache zuviel Geld ausgibt oder nicht. Das kann man schlicht und ergreifend nur durch Erfahrung vor Ort herausfinden.
Wenn man also ein festes Budget hat, und keine Erfahrung mit dem Geldwert des Landes, graebt man sich finanziell quasi beim Eintreffen schon sein Grab. Man wird in dem Fall naemlich zwangslaeufig links und rechts ueber den Tisch gezogen, und kriegt davon wahrscheinlich nichts mit. Insofern ist auch hier aeusserste Vorsicht angeraten.
Fazit
Mein Rat waere, sich tatsaechlich erstmal fuer ein halbes Jahr(!) im gewuenschten Zielland aufzuhalten, mit allen Schikanen zu versuchen normal zu leben (Sprich: Feste Unterkunft suchen, Transportmittel kaufen, versuchen mit der Umgebung/den Leuten klarzukommen). Und nach meiner Erfahrung sind 6 Monate in etwa die Zeit, die es braucht, um auch die kleinen Details mitzubekommen, die durchaus wichtig sein koennen (oder wuerde jemand, der dieses Forum liest, erwarten, nach 4 Monaten Entzugserscheinungen nach der Muttersprache zu kriegen? Wahrscheinlich nicht. Ist aber so gewesen - bei mir zumindest). Nach dieser Testphase kann man fuer sich wohl am besten entscheiden, ob man in das Land tatsaechlich auswandern will, und man kann auch besser ueberblicken, was man dafuer braucht.
Ich fuer meinen Teil habe die 6 Monate Indien genossen, wenn auch nicht alles nach Plan lief und (fuer mich persoenlich) als positiv gewertet wird. Wenn dieser Teil des Experiments etwas war, dann eine riesige Masse an Erfahrung. Ob ich nach Indien auswandern werde? Glaube ich im Moment nicht. Ob ich das letzte Mal dort war? Definitiv nicht. Aber ich denke, ich werde ersteinmal eine Runde um den Planeten machen, und eventuell was besseres finden. Wenn nicht, dann kenn ich mich zumindest in Indien gut genug aus.
In diesem Sinne - Experiment, Teil II coming to a theatre near you in September, 2006.